Theater setzt Rüpel vor die Tür:Feine Pinkel

Urinieren neben der Bühne, intimes Treiben in den Sitzen: Was sich nach zügellosen Party-Exzessen anhört, passiert in Londons Theatern. Das soll jetzt aufhören.

Alexander Menden

Zu Shakespeares Zeiten war man an Londoner Theatern gewohnt, dass es auf den billigen Plätzen etwas rauer zuging: Die "groundlings" auf den Stehplätzen aßen während des Stückes und warfen bisweilen Gegenstände nach den Bühnenschurken. Heute wird ein ähnliches Verhalten während laufender Vorstellung weder erwartet noch goutiert. So waren die Darsteller in Stephen Sondheims "A Little Night Music" am Garrick Theatre denn auch sehr überrascht, als sich jüngst ein Zuschauer aus seinem Sitz erhob, um an die Wand neben der Bühne zu urinieren.

Theater setzt Rüpel vor die Tür: Von nun an sollen Security-Kräfte wie dieser grazile Herr für die Balance zwischen Spaß und Ordnung in Londons Theatern sorgen.

Von nun an sollen Security-Kräfte wie dieser grazile Herr für die Balance zwischen Spaß und Ordnung in Londons Theatern sorgen.

(Foto: Foto: ddp)

Obwohl es sich dabei um einen besonders krassen Bruch der Theateretikette handelte, scheinen sich auch anderweitig wieder gleichsam elisabethanische Zustände in den Theatern im West End einzuschleichen. Besonders bei großen Musicals wie "Mamma Mia!" oder "Thriller" kommt es oft zu Auseinandersetzungen zwischen Platzanweisern und betrunkenen Zuschauern. Ein Hauptdarsteller von "Dirty Dancing" trat häufig nicht wie vorgesehen durch den Mittelgang auf, weil er dort regelmäßig begrabscht wurde. Laute Unterhaltungen sind an der Tagesordnung, besonders jüngere Theaterbesucher telefonieren ungeniert oder versenden gelangweilt SMS-Nachrichten. Auch "übermäßig intimes Verhalten" zwischen betrunkenen Pärchen wird häufiger beobachtet.

Gesunkene Eintrittspreisen, die unerfahrene Theaterbesucher anlocken, und mitgebrachter Alkohol werden für die Disziplinlosigkeit verantwortlich gemacht. Nun wollen Londons Theaterbetreiber professionelle Sicherheitskräfte engagieren, um die Ordnung im Parkett wiederherzustellen. Nica Burns, Mitbetreiberin des Lyric Theatre, meint: "Es wird eben manchmal ziemlich wild." Die Security-Kräfte sollten "für die richtige Balance zwischen Spaß und Ordnung sorgen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: