Theater:Mit Mistkerlen aufräumen

Ein Mann fürs Grobe

Während seine Ex-Frau Séverine (Verena Wengler) mit ihrem Lektor (Patrick Dollmann) gepflegt über Manuskripte diskutiert, gibt Jean-Pierre (Jürgen Prochnow) den emsigen Wischmob.

(Foto: Loredana LaRocca)

Jürgen Prochnow ist in der Komödie im Bayerischen Hof "Ein Mann fürs Grobe". Dieser hat in Eric Assous' Stück als Putzmann alte Konflikte zu bereinigen

Von Barbara Hordych

Zum Täter-Opfer-Ausgleich zählen alle Bemühungen, die nach einer Straftat zwischen Täter und Geschädigten bestehenden Probleme, Belastungen und Konflikte zu bereinigen. Eine juristische Definition, die sich auch auf Eric Assous' Komödie "Ein Mann fürs Grobe" übertragen lässt: In der haben Séverine, erfolgreiche Leiterin eines Verlagshauses, und ihr Ex, ein ehemals erfolgreicher Finanzjongleur, so einiges zu bereinigen. Auch im wortwörtlichen Sinne. Stellt doch die von Verena Wengler gespielte taffe Verlagschefin ihren "Widerling" von Ex-Mann, verkörpert von Jürgen Prochnow, bei ihrer ersten Wiederbegegnung seit mehr als zwanzig Jahren als Raumpfleger ein. Der fortan als Ein-Mann-Putzkolonne 80 Wochenstunden zum Mindestlohn schuften soll. Ihr abgehalfterter Ex (vom international anerkannten, 75 Jahre alten Film-Bösewicht Prochnow mit charmantem Understatement verkörpert) greift zu, wenn auch nur widerwillig. Aber was bleibt ihm schon anderes übrig? Wenn ihm das nicht passe, könne er ja gerne von seinem Apartment in Flughafennähe auf die dortige Landebahn umziehen, lautet Séverines Rache-Pointe .

Und so kommt es, dass bei der Premiere in der Komödie im Bayerischen Hof ein ganz besonderer Täter-Opfer-Ausgleich ins Rollen kommt. Den der Regisseur Frank-Lorenz Engel ebenso hitzig wie bissig in Szene setzt. Wobei die Stückvorlage des erfolgreichen französischen Spezialisten für intelligente und raffiniert eingefädelte Komödien - "Ein Mann fürs Grobe ist nach "Achterbahn" und "Glück" Assous' drittes Werk, das im Haus zu sehen ist - alle Beteiligten in Situationen von zuweilen haarsträubender Banalität stürzt. Da entpuppt sich der Bürobote als verheimlichter Sohn, die Assistentin als heimliche Geliebte und Séverines Lebensgefährte als Beziehungsschwindler, den Rolf Komorr in aalglatten Facetten herrlich überzogen verkörpert. Nicht von ungefähr war "Ein Mann fürs Grobe" 2011 als beste Komödie für den begehrten Prix Molière nominiert.

Die zwischen Séverine und Jean-Pierre zur Disposition stehende "Straftat" ist freilich nicht krimineller, sondern emotionaler Natur. Hat doch Jean-Pierre, der mit Vorliebe das "Verfallsdatum" von Frauen mit dem von "Joghurts" vergleicht, Séverine schon am Anfang ihrer Ehe mit ihren beiden besten Freundinnen betrogen - am Ende verließ er sie wegen einer erheblich Jüngeren. Dass auch diese, Victoria, später ihren Jean-Pierre nicht halten konnte, erfährt Séverine allerdings erst jetzt, als ihr ein Manuskript ebendieser Victoria (Genoveva Mayerin) in die Hände fällt, mit dem aussagekräftigen Titel: "Porträt eines Mistkerls". So dass sich auch auf der Frau-Frau-Ebene ein Täter-Opfer-Ausgleich anbahnt, bei dem Wenglers zwar feminine, nichtsdestotrotz aber kampferprobte Séverine ihre Konkurrentin mit Verve vorführt - und ihren Ex zwingt, dabei Zeuge zu sein.

Auch wenn Prochnow als gealterter Filou zuweilen beinahe bemitleidenswert anmutet, wie er da in Arbeitsoverall, mit Staubwedel und Putztuch den schikanösen Anweisungen seiner rachsüchtigen Ex Folge leistet, beweist er recht bald, dass er sich seine Verstellungskünste und seinen Geschäftssinn bewahrt hat. Stößt er beim Putzen doch nicht nur an das elegante Mobiliar (Ausstattung: Thomas Pekny), sondern auch auf so manches Geheimnis, das er clever für seine Zwecke einzusetzen weiß. Am guten Ende darf der Putzmann die Chefin sogar küssen. Das ist zwar vorhersehbar, doch weil die Chemie zwischen Prochnow und Wengler so stimmig ist, trotzdem erfreulich anzuschauen. Was wiederum ebenfalls nicht überrascht. Sind die beiden doch auch im echten Leben ein Paar.

Ein Mann fürs Grobe, bis zum 26. Februar, täglich um 20 Uhr, Komödie im Bayerischen Hof, Promenadeplatz 2-6

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