Theater:Inselkoller

Intendant Armin Petras inszeniert am Schauspiel Stuttgart Shakespeares letztes großes Stück "Der Sturm" - so fahrig, konfus und unkonzentriert, dass es bei der Premiere am Ende Buhs hagelte. Zu viel der Ehre. Die Aufregung lohnt sich nicht.

Von Peter Laudenbach

Dieses wütende Buh-Konzert am Ende hat Armin Petras für seine "Sturm"-Inszenierung nicht verdient. Die Buhs, die dem Intendanten des Schauspiels Stuttgart nach drei Stunden Shakespeare-Bohei beim Schlussapplaus entgegenschallen, sind etwas zu viel der Ehre. So radikal, dass man sich darüber aufregen müsste, ist seine fahrige, ziellose, konfuse, unkonzentrierte, überflüssige Aufführung leider nicht. Eine Auseinandersetzung mit dem letzten Stück Shakespeares findet nicht statt. Stattdessen schwankt die Veranstaltung zwischen Amateur-Kabarett, sinnfreien Beliebigkeitseinfällen, vager Kultur- und Zivilisationskritik und eher zufällig eingestreuten Tableaux vivants. Die Inszenierung wirkt wie Petras' lustlose Rache dafür, das sein Intendanten-Vertrag kürzlich bis 2021 verlängert wurde: Jetzt ist eh schon alles egal.

Also schlurft und dröhnt Manuel Harder wie ein abgeschlaffter Old-School-Dumpfbacken-Macho und breitbeiniger Provinz-Rocker als Zauberer Prospero durch den Abend. Also ist sein Luftgeist Ariel (Paul Grill) eine penetrante Tunte. Also wird der Sklave und Inselureinwohner Caliban (Sandra Gerling) zur Frau - vermutlich eine Referenz an John Lennon: "Woman is the Nigger of the World". Also sieht der verliebte Knabe Ferdinand (Manolo Bertling) aus wie der junge Peter Handke. Also ist der einzige wirklich überzeugende Akteur auf der Bühne Stitch, ein sympathischer junger Hund.

Weil das Stück auf einer Insel am Ende der bewohnten Welt spielt und alle Figuren Reisende und Gestrandete sind, wird als musikalisches Leitmotiv Iggy Pops "Passenger" bemüht. In den zehn Minuten nach der Pause zeigt Petras mit bezaubernden, rätselhaften, surrealen Tableaux vivants kurz, was für ein großartiger Regisseur er sein könnte, wenn er sich denn für seine Arbeit interessieren und auf sie konzentrieren würde.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: