Theater:Immer wieder Brutus

Julius Caesar Glyptothek

Traditionell mit Toga: In der Shakespeare-Inszenierung mit Beles Adam als Calpurnia und Gunnar Petersen als Julius Cäsar geht es zurück ins alte Rom.

(Foto: Sommertheater im Innenhof der Glyptothek)

Gunnar Petersen spielt William Shakespeares "Julius Cäsar" im Innenhof der Glyptothek

Von Constanze Radnoti

Es ist schon erstaunlich, dass William Shakespeare 400 Jahre nach seinem Tod immer noch Empörung hervorrufen kann. Vor wenigen Monaten war es wieder so weit: Konservative Medien in den USA kritisierten eine Inszenierung des New Yorker Public Theaters von "Julius Cäsar", weil die Titelfigur gewisse Ähnlichkeiten mit Donald Trump aufwies. Da Cäsar in dem Stück - wie in der Realität - bekanntlich ermordet wird, schimpften Kritiker, dass das Theater damit zum Präsidenten-Mord aufrufe.

Ein ähnlicher Aufschrei ist Gunnar Petersen, der mit seiner Theatergruppe beim alljährlichen Schauspiel in der Glyptothek noch bis Mitte September ebenfalls "Julius Cäsar" aufführt, erspart geblieben. Denn sein Cäsar in der Inszenierung von Paul Stebbings trägt statt Anzug und blonder Tolle ganz einfach Toga. Und auch das Setting ist hier klassisch als Antike interpretiert - wie sollte es in dieser Kulisse anders sein?

Natürlich bietet sich Shakespeares Drama für moderne Interpretationen an, schließlich ist das Stück heute so relevant wie eh und je. Denn im Kern geht es um die Frage: Darf man einen Herrscher stürzen, wenn man um das Wohl des Staates fürchtet? Während Brutus und seinen Mitverschwörern da nur der Tyrannenmord blieb, behelfen sich Politiker inzwischen eher mit Misstrauensvoten und Neuwahlen.

Das Problem aber bleibt das gleiche, und so kann man "Julius Cäsar" durchaus in die Gegenwart versetzen. Man kann die Handlung nach Washington verlagern. Vielleicht tut man Shakespeare aber gerade damit unrecht. Denn Cäsars Wahn, Brutus' Dilemma und die Verführbarkeit des Volkes sind auch in ihrer ursprünglichen Form verständlich. So wird denn auch im Innenhof der Glyptothek deutlich, wie fragil politische Stabilität doch ist.

Als die Verschwörer über Cäsar herfallen, symbolisieren rote Tücher sein Blut. Das hinterlässt mehr Eindruck, als jedes Gemetzel mit Kunstblut. Die Musik der Komponistin Helen Beauchamp, die mit Cello, Horn und Trommel das ganze Stück begleitet, transportiert die Stimmung dieses Moments auf wunderbare Weise.

Ansonsten bleibt Stebbings traditionell, er lässt seine Schauspieler staatsmännisch Monologe vortragen und am Ende tritt Petersen selbst noch einmal mit weißgeschminktem Gesicht als Geist Cäsars auf. Die Zuschauer können sich bei dieser Inszenierung ein bisschen wie im alten Rom fühlen können. Hier eine Säule, da eine Statue, durch die Reihen laufen Menschen in alten Gewändern, und auf der Bühne tagt der Senat. Dass es zudem Brot, Wasser und Wein gibt, ist da nur das Tüpfelchen auf der römischen Eins.

Neu ist das alles nicht. Petersen verwandelt den Innenhof der Glyptothek schon seit 1990 jeden Sommer in ein Theater. Vergnüglich ist es aber nach wie vor. Passend zu "Julius Cäsar" zeigt die Glyptothek in der Sonderausstellung "Charakterköpfe" Porträts unter anderen von Augustus, Cicero und Marc Aurel.

Julius Cäsar, bis Samstag, 16. September, 20 Uhr, täglich (bei gutem Wetter), Innenhof der Glyptothek, Königsplatz 3, 300 30 13

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