Theater: Die Überflüssigen:Und raus bist du

Die Underdogs der Gesellschaft warten in einem Dorf namens "Lükke" auf ihr Schicksal: Das Berliner Maxim Gorki Theater inszeniert Philipp Löhles "Die Überflüssigen" ohne den üblichen Sozialkitsch.

Peter Laudenbach

Einen "Western nach wahren Begebenheiten" nennt der Dramatiker Philipp Löhle sein neues Stück "Die Überflüssigen", das jetzt im Studio des Berliner Maxim Gorki Theaters zur Uraufführung kam. Es spielt irgendwo im ostdeutschen Niemandsland der Wendeverlierer, die es sich in einem von Gott und der Marktwirtschaft verlassenen Kaff namens "Lükke" gemütlich machen.

Mit seinem Stücktitel knüpft der Hausautor des Gorki Theaters an die soziologische Debatte um sozialen Ausschluss an: Die entscheidende soziale Demarkationslinie verläuft nicht mehr zwischen oben und unten, arm und reich, sondern zwischen denen, die drin sind in den gesellschaftlichen Austauschprozessen, und denen, für die der Arbeitsmarkt keine Verwendung hat. Die müssen leider draußen bleiben und werden mit Transferzahlungen ruhiggestellt. Soziologen sprechen von Exklusion versus Inklusion.

Melancholisch und unprätentiös

Sympathischerweise verzichtet Löhle auf den theaterüblichen Sozialkitsch. Er zeichnet seine mürrischen Provinzler weder als derangierte Opfer der Verhältnisse noch als glückliche Arbeitslose, sondern gibt ihnen eine etwas dumpfe Würde. Dafür, was in der großen weiten Welt jenseits ihres Tristesse-Biotops geschieht, interessieren sich Ellen (Ninja Stangenberg), Chris und Uwe (beide Gunnar Teuber) schlicht nicht. Ehrgeiz ist ihnen fremd. Sie wollen vor allem ihre Ruhe. Als Eddi Spaghetti (Robert Kuchenbuch) in Lükke auftaucht, kommt Unruhe auf. Eddi war mal einer von ihnen, er hat es in der Ferne zum Marketingfuzzi gebracht, und jetzt sucht er seine Wurzeln.

Dummerweise hat er dabei auch so lustige Ideen wie die, den Fremdenverkehr anzukurbeln, auf dass Wohlstand, Arbeitsplätze und die Freuden der Marktwirtschaft ins Kaff einziehen mögen. Das kann nicht gut gehen. Auch wenn die Figuren nicht frei von Klischees sind und die Dialoge gelegentlich etwas holpern, ist Löhles melancholische Komödie sympathisch unprätentiös. Dominic Friedel hat die Uraufführung unverschnökelt und ohne übertriebenes Kunstwollen inszeniert.

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