Theater:Dämmerlicht

Anna-Sophie Mahlers "Das Böse" an den Kammerspielen

Von Egbert Tholl

Im Foyer der Spielhalle bereiten drei Performer die Zuschauer auf das zu Erwartende vor. Sie sind Brandermittler und von der Spurensicherung, drinnen gab es einen verheerenden Brand, dessen Ursachen man erforschen müsse. Es folgt eine kleine theoretische Einführung in das Wesen von Bränden und deren Ursache, was insgesamt ein bisschen drollig wirkt. Aber da man weiß, dass es bald irgendwie um die "Götterdämmerung" gehen wird, ist die Drolligkeit schon in Ordnung, denn ein Vorteil von Wagners Werk ist der, dass man damit alles mögliche anstellen kann.

"Das Böse - eine Götterdämmerung" heißt die Veranstaltung, ein Gastspiel von Anna-Sophie Mahler und ihrer eigenen Gruppe Capriconnection. Neugierig ist man da, weil man wissen will, was dabei herauskommt, wenn die musiktheateraffine Mahler unter ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten eine Aufführung entwirft und nicht, wie bei "Mittelreich" an den Kammerspielen, eine Arbeit fürs Stadttheater macht. Noch dazu eben Oper, größtmögliche Oper in einem kleinen Rahmen.

Der Raum ist toll, trübes Licht über dunklen Trümmern, die drei Performer staksen in Schutzanzügen herum, legen im Schutt das Gerippe eines Klaviers frei. Zwei Musiker machen Musik, mit Bassposaune, Tuba, E-Gitarre; zum Einlass klingt das wie eine Erinnerung ans "Rheingold"-Vorspiel, später kommt mehr aus der "Götterdämmerung", aber längst nicht so viel, dass man von einem Musiktheaterderivat sprechen könnte, auch wenn Niklaus Kost ein wuchtiger Hagen-Sänger ist und mit Hojo die Mannen zum Mord ruft.

Die Mannen sind nicht da, so wenig wie Sinnlichkeit und Zauber. Vielmehr ist "Das Böse" ein Kantischer und kantiger Abriss einer Theoriesammlung zur Frage, was das Böse sei und wie es in die Welt kam. Puh. In den Untergangstrümmern von Walhall findet sich keine Erklärung dafür, bei Wagner selbst schon, das weiß Mahler natürlich: Wenn einer der Liebe abschwört, wie Alberich, kommt das Böse in die Welt. Wusste man vorher.

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