Theater:Alte Wagnerianer

Theater: Paul Wolff-Plottegg spielt einen Busfahrer, der Wagner liebt.

Paul Wolff-Plottegg spielt einen Busfahrer, der Wagner liebt.

(Foto: Andreas Pohlmann)

In "Insgeheim Lohengrin" treffen sich Singles zum Operhören

Von Christiane Lutz

Für seine Liebe zu Wagner muss sich keiner schämen. Im Gegenteil, man trägt sie stolz vor sich her. Wer richtig hart drauf ist, kauft Tickets für die Bayreuther Festspiele und sitzt sich durch stundenlange Inszenierungen. Die fünf Menschen aber, die sich in "Insgeheim Lohengrin" regelmäßig zum Wagnerhören verabreden, tun das heimlich, in einer angemieteten Wohnung. "Sie wollen sich vor der ganzen schnöden Welt der Alltäglichkeiten schützen", sagt Paul Wolff-Plottegg, der einen dieser Wagnerfans spielt. Wie Lohengrin, der von seiner Geliebten Elsa nicht nach seiner wahren Identität gefragt werden will, wollen auch die fünf so gut es geht anonym bleiben.

Der lettische Regisseur Alvis Hermanis hat das Stück, wie es seine Art ist, mit den Schauspielern am Residenztheater erarbeitet. Wolff-Plotteggs Figur ist zum Beispiel ein Busfahrer. Dieser Busfahrer, hat er sich überlegt, war früher ein von Fernweh geplagter Fernbusfahrer. Seine Reisen führten ihn nach Bayreuth, zu den Festspielen. So kam er in Kontakt mit der Musik, die ihn verzauberte. Charlotte Schwab wird eine Frisörin spielen, Manfred Zapatka einen Fotoingenieur, Wolfram Rupperti einen Bäcker. "Sie sind alles keine Fachleute", sagt Wolff-Plottegg, "sie dilettieren gemeinsam." Und sie sind alle Singles. Einsame Menschen im Rentneralter, die sich auf der Straße nicht grüßen und nur durch ihre gemeinsame Leidenschaft verbunden sind. In der angemieteten Wohnung hören sie sich durch verschiedene Lohengrin-Aufnahmen, die auch auf der Bühne angespielt und wieder unterbrochen werden.

Dass "Lohengrin" einst von den Nationalsozialisten vereinnahmt wurde, soll in dieser Inszenierung keine Rolle spielen. Politisch wird der Abend nicht. Das wäre auch heikel nach der Vorgeschichte um Alvis Hermanis, der sich 2015 vom Thalia Theater getrennt hatte, weil er mit der dort gelebten Unterstützung von Flüchtlingen nicht einverstanden war. Im Anschluss daran stellte er auch Gespräche mit Bayreuth ein. Hermanis war für die Inszenierung des "Lohengrin" 2018 gehandelt worden.

Mit dem Bayreuth-Bohei kann Paul Wolff-Plottegg wenig anfangen. "Ehrlich gesagt", sagt er, "habe ich zur Oper insgesamt ein gespaltenes Verhältnis." Als Kind wurde er, 1950 in Graz geboren, wenn überhaupt, immer ins Sprechtheater mitgenommen. "Diese Diskrepanz zwischen Aktionen und dem Text. Man kann das nicht realistisch darstellen, weil die Inszenierung natürlich an die Komposition gebunden ist, die braucht ihre Zeit. Ein Gang von links nach rechts wird in Zeitlupe gegangen, wo man doch ganz normal da hin gehen könnte." Als Schauspieler findet er das "mühsam", lieber hört er Opern auf Platte an, wo kein ausgedehntes Schauspiel stört.

Als die Proben zu "Insgeheim Lohengrin" begannen, musste er sich mit Wagner beschäftigen - und konnte dem Ganzen dann doch was abgewinnen. Vor allem die Liebe der Wagnerianer zu dem Komponisten fasziniert ihn. Thomas Mann zum Beispiel, der ein zwiespältiges Verhältnis zu Wagner pflegte, liebte den "Lohengrin", besonders das romantische Vorspiel. Paul Wolff-Plottegg ist dabei klar geworden, dass er und seine Kollegen mit Worten nie gegen die Kraft der Musik ankommen werden können. Sie werden es natürlich trotzdem versuchen.

Insgeheim Lohengrin, Freitag, 5. Mai, 19.30 Uhr, Cuvilliéstheater

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