Tanzwerkstatt Europa:Tanz ins Glück

Tanzwerkstatt Europa: Ein Klassiker der Tanzavantgarde: Lucinda Childs' "Carnation".

Ein Klassiker der Tanzavantgarde: Lucinda Childs' "Carnation".

(Foto: Tanzwerkstatt)

Klassiker und Workshops in München

Von Rita Argauer

Die Tanzwerkstatt Europa von 2. bis 12. August steht unter keinem zusammenfassenden Thema. Der Initiator Walter Heun, der die vergangenen acht Jahre auch für das Tanzquartier Wien verantwortlich war, sich aber vom nächsten Jahr an nur noch auf München konzentrieren wird, betonte bei der Vorstellung des Programms am Mittwoch den Werkstattcharakter dieser Tanztage fern vom Erwartungsdruck internationaler Festivals. Und so trifft hier unverkrampft international Bekanntes auf die Münchner Tanzszene, und es zeigen sich introspektive Werkstattvorstellungen genauso wie Klassiker des postmodernen Tanzes.

Seit 1991 bietet die Tanzwerkstatt Europa jährlich Anfang August Workshops und Aufführungen. Und wo man im vergangenen Jahr etwa in Wim Vandekeybus' zeitgenössischem Erfolgsstück "In Spite of Wishing and Wanting" eine Horde tanzender Männer wie ausgelassene Pferde über die Bühne galoppieren sehen konnte, gibt es in diesem Jahr einen Repertoire-Workshop zu Technik und Bewegungsvokabular von Vandeybus' Kompanie "Ultima Vez". Ebenso die österreichische Tänzerin Doris Uhlich. Im vergangenen Jahr zeigte sie in München die Ermächtigungsstudie "Boom Bodies", in diesem Jahr gibt die Wienerin - neben der Aufführung ihres Schlüsselstücks "Mehr als genug" - einen Workshop zu ihrer "Fetttanztechnik". Tanzen also auch für alle außerhalb der genormten Körpervorstellung des klassischen Tanzes.

Tanz für alle heißt es auch in der Eröffnungsperformance auf dem Marienplatz, in der Quim Bigas Tänzer und Passanten zu einer Bewegungsstudie über das Glücklichsein zusammen treiben wird. Das Tanzen für Laien sei dabei in einer Welt, in der Körperlichkeit und Wohlbefinden gerne hintangestellt werden zugunsten möglichst effizienter Arbeitsleistung, auch für Daniela Rippl vom Kulturreferat ein wichtiger Aspekt der Tanzwerkstatt. Denn hier kann sich jeder dem Tanz nähern und ohne Hemmschwellen im Anfängerkurs des Münchner Tänzers Stephan Herwig von dessen "Körperkenntnissen" profitieren.

Weniger auf die eigene Befindlichkeit ist dabei die Aufführung dreier Stücke von Lucinda Childs gerichtet. Ruth Childs, die Nichte dieser Ikone der US-amerikanischen Tanzavantgarde führt mit "Pastime", "Carnation" und "Museum Piece" drei Stücke aus den Sechzigerjahren wieder auf, zwei davon waren bisher nie außerhalb den USA zu sehen. Damit wird ein anderer, derzeit gerade sehr angesagter Trend in der Betrachtung von Tanz aufgegriffen: Dessen Archivierung. Während damals Aufbruchsstimmung in der Tanzszene herrschte, aus der letztlich auch die Tanzwerkstatt Europa entstanden ist, blickt man nun auf die eigene Geschichte zurück. Auch auf die jüngste Geschichte der Münchner Tanzszene: Moritz Ostruschnjak, als Jugendlicher ein dem Breakdance zugetaner Hip-Hopper, wurde kurz nach der Jahrtausendwende von Heun zu einem Workshop bei der Tanzwerkstatt überredet. Nach seinem Tanzstudium zeigt er nun dort sein viel gelobtes Stück "Text Neck".

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