Tagungsreihe:Bringen wir's zu Ende!

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Das Ende ist nah... Zwei Kuratoren und Künstler laden an drei Wochenenden ins Münchner Museum Brandhorst, um über ein Thema zu sprechen, das jahrhundertealt ist, aber seit Trumps Wahl besonders aktuell: das apokalyptische Denken.

Von Meredith Haaf

Das katastrophische Denken beschert uns zur Zeit politische Ideologen wie Steven Bannon oder Abu Bakr Al-Baghdadi. Die Katastrophe als Folie und Fluchtpunkt inspiriert andererseits seit Jahrhunderten die Künste - von Hieronymus Boschs "Letztem Gericht" bis zu "Der Letzte Mensch" von Mary Shelley oder dem Videospiel "Horizon: Zero Dawn". Was wären wir ohne die Vier Reiter der Apokalypse?

Möglicherweise hätten wir schönere Ideen für die Zukunft und bessere Lösungen für die Gegenwart. Interessantere Geschichten würden wir uns auch erzählen. Dieser Behauptung gehen die Kuratoren und Künstler Tanja Widmann und Tonio Kröner mit ihrer Reihe "Postapokalyptischer Realismus" im Münchner Museum Brandhorst nach. "Der Begriff ist eine Behauptung", sagt Widmann. Es gehe darum, die Vorstellung eines Endes mit Schrecken zu überwinden: "Das apokalyptische Denken setzt immer voraus, dass es so etwas wie eine heile Welt gibt, die zerstört werden kann, und dass man diese Zerstörung verhindern oder herbeiführen muss."

Die fundamentalen Umwälzungen der Gegenwart böten, so ihr Argument, auch Möglichkeiten für neue Ausdrucksformen. Kröner und Widmann fahnden in der zeitgenössischen Kunst und Theorie nach dieser Perspektive und bringen an drei Wochenenden Werke, Denker und Performer zusammen.

Im ersten Teil am vergangenen Wochenende präsentierten sie vier Filme und Vorträge von Künstlerinnen, die sich mit Spuren der Verwüstung beschäftigen. Anja Kirschner zeigte "Moderation", einen pseudodokumentarischen Horrorfilm, den sie im post-revolutionären Ägypten drehte. Die amerikanische Literaturwissenschaftlerin Dana Luciano sprach über die historische Rolle der Geowissenschaften für unsere Vorstellung von Zukunft.

Höhepunkt war aber "Hudson Valley Ruins", den die 26-jährige amerikanische Videokünstlerin Jacky Connolly im Computerspiel "Sims" programmiert hat. In dem Spiel simulieren Nutzerinnen eine neoliberale Konsum- und Lebenswelt. Jacky Connolly macht daraus düstere Beklemmungsszenarien mit entfremdeten jugendlichen Heldinnen, die Zuflucht in der Natur finden. In ihrem anschließenden Vortrag erläuterte Connolly, wie sie - inspiriert von den Brontë-Schwestern und der feministischen Psychoanalyse - ihre Videospielsucht in ein Werkzeug für künstlerischen Ausdruck verwandelt. Auch das ist eine Form der postapokalyptischen Praxis.

© SZ vom 22.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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