Symposium:Traut euch!

Architekten fordern mehr Mut beim Symposium "Architecture Matters"

Von Evelyn Vogel

Architektur darf nicht nur Wünschen von Bauherren und Investoren folgen oder sich von bürokratischen Auflagen begrenzen lassen. Architektur muss sich einmischen. Das war die klare Botschaft der eintägigen Veranstaltung "Architecture Matters"; das war das Plädoyer des Münchner Architekten Peter Haimerl, der mit dem in Eigenregie gebauten Konzerthaus in Blaibach bereits unter Beweis gestellt hat, was machbar ist. Jedenfalls dann, wenn man von Eigenverantwortung der Architektur nicht nur redet, sondern auch entsprechend handelt. Er schien den Architekten und Städteplanern, den Politikern und Bauherren förmlich zuzurufen: Traut euch was, traut euch mehr!

Philharmonisches Kraftwerk Aubing

Im Westen was Neues: Architekt Peter Haimerl kann sich vorstellen, im Heizkraftwerk Aubing ein "Philharmonisches Kraftwerk" zu realisieren.

(Foto: Peter Haimerl Architektur)

Fast alle Gäste plädierten für mehr architektonische Visionen und städteplanerischen Wagemut - wenngleich auch mit verschiedenen Ansätzen und in verschiedenen Kontexten. Die international agierenden Architekten David van Severen (Brüssel) und Oleg Shapiro (Moskau) stellten einige ihrer ungewöhnlichen Architekturen und städtebaulichen Interventionen im öffentlichen Raum vor. Kreative Lösungsansätze wurden deutlich, oft an verschiedenen gesellschaftlichen Kulturen und deren Bedürfnissen orientiert. Dass man dabei dem Auftraggeber aber nicht immer nach dem mitunter schlechten Geschmack bauen muss, zeigten Projekte des heimlichen Stars der Veranstaltung, Ole Scheeren. Der für seine Signature-Bauten in Asien bekannte Architekt, konnte nicht persönlich kommen und präsentierte seine Projekte per Skype - was technisch leider schlecht funktionierte und zudem den Zeitplan, der ohnehin aus dem Ruder gelaufen war, weiter durcheinander wirbelte. Daran wird man arbeiten müssen. Denn die Veranstaltung, zu der Nadin Heinich von Plan A im Rahmen der Munich Creative Business Week erstmals geladen hatte, soll von nun an jährlich stattfinden.

Philharmonisches Kraftwerk Aubing

Kraftwerkskunst: Struktur und vorhandene Graffiti sollen erhalten bleiben.

(Foto: Haimerl Architektur)

Das Chaos ging vollständig zu Lasten der angekündigten "Münchner Runde". Die wurde gnadenlos abgewürgt, als der Architekt Peter Haimerl, der für kreative Lösungsansätze bekannte Geschäftsführer des Immobilienentwicklers Euroboden, Stefan Höglmaier, und der Kammerspielintendant Matthias Lilienthal gerade richtig in Schwung gekommen waren. So hätte man gerne gewusst, was Lilienthal von Haimerls architektonischen Plänen einer Philharmonie im ehemaligen Heizkraftwerk in Aubing konkret hält, nachdem er zuvor pauschal meinte, München brauche überhaupt keinen neuen Konzertsaal. Etwas erstaunt nahm man auch etwas anderes zur Kenntnis: Ausgerechnet der für sein unkonventionelles Handeln und seine Einmischung in Sachen Wohnen bekannte Kammerspieleintendant nahm die Bürokraten gegen den Bürokratisierungsvorwurf seiner Podiums-Mitstreiter in Schutz.

Wie sehr das Thema Stadtplanung die Menschen bewegt, wurde bei der Veranstaltung deutlich. Die Reaktorhalle war bis zum letzten Platz ausgebucht; mit DJ-Pult (Mirko Hecktor) und einer Riesendiscokugel neben den Diskutanten auf der Bühne war sie schon ein Statement für sich. Die Stimmung war hervorragend. Dazu trug auch der englische Humor von Harry Parr von Bompas & Parr bei, wenngleich man sich von seiner kulinarisch-architektonischen Performance mehr Geschmacksproben gewünscht hätte.

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