Suhrkamp Verlag zieht um:Wir fahren nach Berlin

Die Kultur muss dorthin, wo die Politik schon ist: Der Suhrkamp-Verlag zieht 2010 mit allen Mitarbeitern von Frankfurt nach Berlin.

Der Suhrkamp Verlag zieht Anfang 2010 von Frankfurt nach Berlin um. In Frankfurt am Main werde neben den Stiftungen eine Dependance des traditionsreichen Verlags bleiben, sagte Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld Berkéwicz dem Magazin "Kulturzeit" des TV-Senders 3sat, das am Freitagabend (19.20 Uhr) ausgestrahlt werden sollte.

Suhrkamp Verlag zieht um: Lädt alle Mitarbeiter ein, mit nach Berlin zu kommen: Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld Berkéwicz.

Lädt alle Mitarbeiter ein, mit nach Berlin zu kommen: Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld Berkéwicz.

(Foto: Foto: dpa)

Berlin knüpfe als Hauptstadt wieder da an, wo es nach 1945 zum Aufhören gezwungen wurde, meinte die Verlegerin. "Außerdem ist es doch im Moment so: die Lage politisiert sich bis tief hinein ins kulturelle Leben, da muss Suhrkamp vor Ort sein." Wie einst in den 60er Jahren Frankfurt sei heute "eben das Labor in Berlin". Nach wochenlanger Debatte um den Umzug wollte Suhrkamp am späten Freitagnachmittag auf einer Betriebsversammlung die rund 130 Beschäftigten über den Umzug informieren. Für diesen Zeitpunkt hatte der Verlag auch eine offizielle Mitteilung angekündigt.

Unseld- Berkéwicz sagte, dass es zu keinen Entlassungen komme. Alle Mitarbeiter seien eingeladen, nach Berlin mitzukommen. Rund 80 Prozent der Beschäftigten haben sich gegen einen Umzug ausgesprochen.

Im Ranking der größten deutschen Buchverlage taucht Suhrkamp nicht unter den Top 30 auf. Doch kein anderes Haus hat nach dem Zweiten Weltkrieg so viele bedeutende Schriftsteller und Philosophen verlegt, darunter Bertolt Brecht und Hermann Hesse oder Theodor W. Adorno. Auf Drängen Hesses hatte sich Peter Suhrkamp nach dem Krieg vom Verlag S. Fischer getrenn.

Er gründete 1950 in Frankfurt seinen eigenen Verlag und nahm 33 prominente Autoren mit. Nach dem Tod von Peter Suhrkamp im Jahr 1959 trat Siegfried Unseld dessen Nachfolge an. Er baute den Verlag sowohl in der Belletristik als auch in den Geisteswissenschaften zu einer der intellektuellen Säulen der alten Bundesrepublik aus. Nach dem Tode Unselds im Jahr 2002 übernahm seine Witwe Ulla Unseld-Berkéwicz die Macht.

Zum Haus gehören seit Jahrzehnten unter anderem auch der Insel Verlag und der Jüdische Verlag. Unter Unseld-Berkéwicz kam der Verlag der Weltreligionen hinzu. Suhrkamp hat nach eigenen Angaben derzeit 127 Beschäftigte. Der Umsatz wurde von der Fachzeitschrift "Buchreport" für 2007 mit rund 46 Millionen Euro angegeben. Im selben Jahr brachte der Verlag rund 500 neue Titel auf den Markt.

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