Manchmal sind es nicht die berühmtesten Menschen, die das Wichtigste geschaffen haben. Für die Münchner Subkultur war so einer DJ Gustav, der Anfang September gestorben ist. "Ohne ihn wäre ich heute nicht da, wo ich stehe", sagt Peter Wacha, selbst als DJ Upstart eine Legende, zudem Betreiber der Plattenlabels Disko B und Chicksonspeed Records, des Clubs Rote Sonne und des Schallplattengeschäftes Optimal, eines der weltweit größten seiner Art. Wacha erinnert sich, dass er seinen Laden 1982 beinahe nicht mit Peter Blaha, sondern mit Gustav aufgemacht hätte. Der "unterwanderte" damals als Verkäufer den großen Phondus-Plattenladen an der Sonnenstraße und versorgte die Szene mit anarchistischen Scheiben.
Der in Prag geborene, mit einem "messerscharfen tschechischen Humor" bewehrte Gustav Drechsler war eine prägende Figur zu dieser Zeit. Er legte eine breite Sound-Palette von Punk über Industrial bis Hippie-Musik und Frühformen der Neuen Deutschen Welle auf. Mit Platten von Bob Dylan über Patty Smith bis Fehlfarben und Nina Hagen brachte er einen neuen Sound in den führenden Münchner Studentenclub, die Oly Disco, ins Picnic Aufhausen und vor allem ins Lipstick. Als Boss am Pult teilte er die anderen DJs ein, er gab auch dem jungen Upstart erste Gelegenheiten, die importierten Vinyls aufzulegen, die der aus seinem Bauchladen heraus verkaufte.
"Als Dankeschön und zur Inspiration für alle, die ihn nicht kennenlernen durften", veranstaltet Wacha ein "Requiem für DJ Gustav". Live spielt die junge Band Hans Ehlert Hamburg erstmals in München, die selbst vom Revival der Musik jener Umbruchjahre von 1977 bis 1982 getragen wird. Vor allem ist der Abend ein Klassentreff der Münchner Nachtrebellen dieser Zeit, zu dem DJ Upstart und DJ Charly den Original-Lipstick-Soundtrack auflegen. Seine Vinyls bringt auch der Ex-Punker Florian Süßmayr mit, der längst als Maler berühmt ist.
Requiem für DJ Gustav, Do., 13. Okt., 21 Uhr, Unter Deck, Oberanger 26