Streit um Hörbücher:Marktmacht

Ein neuer Zwist mit Amazon treibt die Verlage um. Diesmal geht es um ein innovatives Flatrate-Modell für Hörbücher, das der Branche aufgezwungen werden soll und deren Erträge bedroht.

Von Jens Bisky

Hörbuchverlage können es sich kaum leisten, bei Audible nicht präsent zu sein. Die Download-Plattform, ein Tochterunternehmen von Amazon, beherrscht den Markt, ihr Anteil liegt bei etwa neunzig Prozent. Nun hat Audible mehreren Hörbuch-Verlagen gekündigt und ihnen neue Bedingungen vorgelegt. Mit dem Zwischenhändler Bookwire, der von Frankfurt am Main aus kleinere Verlage betreut, will Audible, so berichtet der Spiegel in seiner jüngsten Ausgabe, überhaupt nicht mehr zusammenarbeiten. Die anderen, heißt es, sollen zu einem Flatrate-Modell gezwungen oder "überredet" werden.

Bisher bietet Audible neben dem Einzelverkauf ein Abo an; wer es abschließt, kann jeden Monat ein Hörbuch seiner Wahl herunterladen. Eine Flatrate würde die Erträge der Verlage schmälern; für manche sicher in existenzbedrohender Höhe. Aber wer kann ein "Angebot" von Audible ablehnen?

Die Branche ist aufgeregt, zu frisch noch ist die Erinnerung an den Streit zwischen Amazon und Buchverlagen wie Hachette, dessen Bücher im vergangenen Jahr plötzlich nicht lieferbar waren oder nur nach arg langen Wartezeiten ausgeliefert wurden.

Nun streiten also auch noch die Hörbuchverlage mit Amazon

Wenn die Berichte über das Geschäftsgebaren von Audible zutreffen, dann handele es sich um "klaren Marktmachtmissbrauch", sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. Man prüfe und werde gegebenenfalls Beschwerden beim Bundeskartellamt unterstützen.

Der Audible-Geschäftsführer, Nils Rauterberg, will "innovative Ideen entwickeln und realisieren", "Hörbücher und ihre Schöpfer noch erfolgreicher" machen. Ausdrücklich verweist er auf die Konkurrenz: soziale Netzwerke etwa oder "Abo-Dienste für Bücher, Musik und Video-Content". Neue Geschäftsmodelle sollen her, Details will man nicht öffentlich diskutieren.

Auch die Verlage zögern, sich öffentlich zu äußern. Zwar dominiert noch immer das physische Hörbuch - 3,5 Millionen Downloads wurden im vergangenen Jahr gezählt, 14,3 Millionen Hörbücher dagegen auf CD verkauft -, aber auf die zwanzig bis dreißig Prozent des Umsatzes durch Downloads wird keiner leichtfertig verzichten. Und um diese zu erzielen, kommt keiner an Audible vorbei. Der Monopolist versichert, "dass unsere Pläne viele unserer Partner begeistern". Dass es mit Audible Verhandlungen auf Augenhöhe nicht gebe, erzählt man sich hinter vorgehaltener Hand in der Branche. "Wir wollen ein gutes Hörbuchsortiment, aber auch faire Konditionen und nicht nur Mainstream!", lautet ein Kommentar auf der Facebook-Seite von Audible, "seid lieb zu den kleinen Verlagen" ein anderer. Für den Anfang würde es wohl reichen, den Missbrauch von Marktmacht nicht als Innovation zu verkaufen.

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