Star-Cellist Jan Vogler im Gespräch:"Wir müssen Konventionen aufbrechen"

"Klassische Musiker müssen etwas riskieren": Jan Vogler spielt Schostakowitsch und Jimi Hendrix.

Oliver Das Gupta und Hans-Jürgen Jakobs

Seine Karriere begann Jan Vogler als Zwanzigjähriger 1984 in der damaligen DDR: als erster Konzertmeister Violoncello der Staatskapelle Dresden. 1997 startete er dann seine Solokarriere. Der bekannte Cellist tritt längst mit Weltstars wie Hélène Grimaud oder Martin Stadtfeld auf. Er lebt inzwischen in New York und Dresden, wo er als künstlerischer Leiter des Moritzburg Festivals und als Intendant des Dresdner Musikfestivals wirkt.

Star-Cellist Jan Vogler im Gespräch: Findet es grauenvoll, wenn das Fernsehen krampfhaft versucht, klassische Musik populär zu machen: Cellist Jan Vogler.

Findet es grauenvoll, wenn das Fernsehen krampfhaft versucht, klassische Musik populär zu machen: Cellist Jan Vogler.

(Foto: Foto: Uwe Arens)

Auf seiner in einigen Wochen erscheinenden CD spielt Vogler neben Schostakowitsch auch Jimi Hendrix ein - der gebürtige Berliner, der auch mit Udo Lindenberg spielte, setzt auf das Überwinden von Grenzen. Am kommenden Montag (16. Februar) tritt Vogler mit Dresdner Kapellsolisten im Münchner Herkulessaal auf. Auf dem Programm stehen unter anderem Werke seiner CD "MyTunes".

sueddeutsche.de: Herr Vogler, wie finden Sie Jimi Hendrix?

Jan Vogler: Mit zwölf Jahren habe ich mir einen Jimi-Hendrix-Sticker auf die Jeansjacke genäht. Ein entfernter Cousin aus Hamburg hatte ihn mir geschickt. Das war ein Symbol für die Konflikte eines Teenagers. Hendrix hatte sich ja damals gequält und gegen den Vietnamkrieg gekämpft. Seine Musik kannte ich so gut wie gar nicht.

Clip 1: Jan Vogler über seinen Umzug nach New York:

sueddeutsche.de: War der wilde Rockstar Hendrix aus den USA überhaupt kompatibel mit der DDR, in der Sie groß wurden?

Vogler: Nein, er war kein Held. Ich wurde wegen des Aufnähers oft nach Hendrix gefragt und bezeichnete ihn als "Pazifist". Da konnte keiner etwas dagegen sagen. Meine Eltern haben mich sowieso immer gelehrt, ich müsste vertreten, woran ich glaube - dann sei ich berechenbar. Dann wüsste die Stasi genau, wie sie mich einordnen müsste.

sueddeutsche.de: Ist es eine Art Jugenderinnerung, dass nun der Hendrix-Antikriegssong "Machine Gun" auf Ihrer neuen Klassik-CD im April erscheint?

Vogler: Er gehört zum Projekt, Schostakowitsch in New York live vor Publikum neu einzuspielen. Dafür fand ich fabelhafte junge Musiker, das Orchester The Knights. Für unsere Konzertaufnahme entdeckten wir den Klub "Le Poisson Rouge" im Greenwich Village - der hieß früher "Village Gate" und auch Hendrix hat hier gespielt. So hat er sich in das Projekt hineingezwängt. Außerdem gibt es eine große musikalische Nähe: Der letzte Satz des ersten Cello-Konzerts von Schostakowitsch und "Machine Gun" schließen sich rhythmisch fast direkt an.

sueddeutsche.de: Dann haben Sie den Rockstar der sechziger Jahre erst kürzlich bewusst gehört?

Vogler: Ich habe mir rund 10 Hendrix-CDs gekauft, viele davon sind Live-Aufnahmen. Allein von "Machine Gun" gibt es drei Versionen mit unterschiedlichen Gitarren-Improvisationen. Für uns war es spannend zu zeigen, dass Hendrix in der freien Welt extreme Probleme mit der Gesellschaft hatte, während sich Schostakowitsch ein paar Jahre früher mit den Folgen des Stalinismus herumgeschlagen hat.

sueddeutsche.de: Wie schwierig war es, einen solchen Titel einzuspielen?

Vogler: Ich musste das ein bisschen studieren, den Stil hat man nicht sofort drauf. In der Rockmusik ist der Groove wichtig, die Klassik ist mit dem Rhythmus oft freier. Das ganze Projekt hat das Ziel, Schostakowitsch in einem neuen Licht zu sehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, einfach mit einem bekannten Orchester eine weitere "cleane" Schostakowitsch-Aufnahme des ersten Cellokonzerts abzuliefern. Es musste etwas Zeitgemäßes sein.

sueddeutsche.de: Wird klassische Musik oft zu "clean" aufgenommen?

Vogler: Natürlich bin ich Perfektionist, das ist der handwerkliche Ehrgeiz eines Künstlers. Die Gefahr ist aber, dass es steril wirkt. Perfektion kann beim heutigen Niveau der Musiker auch live erreicht werden. Wenn man so viel kann, dann sollte man, bitteschön, auch etwas riskieren. Bei unserer Live-Aufnahme in New York saß das Publikum - von 18 bis 70 - eng um uns herum, manche mit einem Drink in der Hand. Das war für mich bisher die größte Herausforderung.

Clip 2: Jan Vogler über die Unterschiede zwischen Rock und Klassik:

sueddeutsche.de: Das Publikum ist in der klassischen Musik meistens eher 70 als 18. Braucht sie solche Herausforderungen - das ewige Austesten von Grenzen - für das eigene Überleben?

Vogler: Überleben wird sie immer. Es ist normal, dass ein Mensch mit Mitte 40 die Klassik entdeckt. Und es ist schrecklich und beleidigend, wenn jemand das ältere Publikum verteufelt. Was wir aber brauchen, ist Arbeit am jungen Publikum und ein Aufbrechen der Konventionen. Das ist für jede Kunst wichtig. Ich habe erst kürzlich im Internet ein Zitat von Nietzsche wieder entdeckt: "Man muss noch das Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern zu gebären." Es ist für niemanden bequem, sich alle Jahre neu zu erfinden - aber es ist existenziell wichtig. Der tanzende Stern braucht das Chaos, wenn er eine Ordnung gefunden hat.

sueddeutsche.de: Sie wollen nicht altbacken wirken - doch die Klassik konserviert Formen, die teils mehrere Jahrhunderte alt sind. Da ist das Gros Ihrer Kollegen misstrauisch gegen ein zu ungestümes Aufbrechen der Konventionen.

Vogler: Ich entscheide das nur für mich so und zwinge niemanden, den gleichen Weg einzuschlagen. Wir sind ja nur Interpreten und dürfen daher mit der Partitur auch hier und dort experimentieren. Dabei landen wir vielleicht ab und an einen interessanten und wichtigen Treffer.

sueddeutsche.de: Die übliche scharfe Grenze zwischen U-Musik und E-Musik scheint jedenfalls für Sie nicht zu bestehen. Sie haben auch Songs wie "Moon River" oder Tango-Stücke neu interpretiert.

Vogler: Ich komme aus einem klassischen, schöngeistigen Haushalt. Ich will eher diese Musik in die Klassik hineinziehen, also auf unser Feld holen. Vor zehn Jahren war das anders, da wurden Tangomusiker aus Buenos Aires zusammen mit klassischen Künstlern zum Kennenlernen in ein Tonstudio geordert und sollten einen Draht zueinander finden. Heute kann beispielsweise jeder der Knights Weltmusik genauso gut spielen wie Beethoven.

sueddeutsche.de: Puristen könnten Ihnen Eklektizismus vorwerfen - dass Sie sich wahllos aus den Genres bedienen, um neu zu wirken.

Vogler: Das ist legitim in der Kunst. Schauen Sie sich die Expressionisten in der Malerei an! Wir dürfen das heute auch. Die besten Komponisten unserer Tage erlauben sich, Zitate von Brahms und Boulez zu mischen. Wir haben in der Musik unglaubliche Ressourcen.

Clip 3: Jan Vogler über Grenzen in der klassischen Musik:

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Jan Vogler denkt, er sei hässlich.

"Wir müssen Konventionen aufbrechen"

sueddeutsche.de: Schwingt nicht immer die Angst mit, dass die Möglichkeiten ausgehen? Jede Melodie, jedes Versatzstück ist schon einmal benutzt worden.

Vogler: Schon Robert Schumann hat sich fast umgebracht, wenn seine Frau Clara den Namen Beethoven nur erwähnte. Er hatte das Gefühl, das alles, was er im Kopf hatte, schon von Beethoven komponiert worden sei. Ein Interpret muss die klassischen Werke für das Publikum zeitgerecht übersetzen. Zum Glück ändern sich die Zeiten, sonst könnte man immer wieder die alte Aufnahme von Rostropowitsch einlegen - und ich wäre arbeitslos.

sueddeutsche.de: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung bezeichnet Sie als "Vertreter der Postbeauty-Generation in der Klassik"...

Vogler: ...das heißt vermutlich, ich bin hässlich (lacht).

sueddeutsche.de: Gemeint ist der Versuch der Musikindustrie, Geigernymphchen oder attraktive Künstler wie Anna Netrebko zu Popstars aufzubauen.

Vogler: Diese Tendenz war immer da. Um manche begabten Künstler hat sich ein Starkult entwickelt. Viele identifizieren sich mit der Geschichte von Anna Netrebko, das ist legitim. Doch jeder hat seinen individuellen Weg. Ich wache jeden Morgen mit dem Gefühl auf, unbegrenzt arbeiten zu können - das definiert meine glückliche Beziehung zum Beruf. Ich habe noch viele Herausforderungen.

sueddeutsche.de: Hendrix war ein Star. Sie mochten ihn in der DDR, ohne ihn je gehört zu haben.

Vogler: Wir alle suchen Vorbilder. Schon vor Jahren begeisterte ich mich beispielsweise für Barack Obama: Ein mit mir befreundeter jüdischer Wissenschaftler hatte mir die famose Parteitagsrede des damaligen Senators per E-Mail geschickt. Ich dachte mir: Das ist genau das, wonach wir 1989 gesucht haben, dieser Geist eines modernen Politikers - ohne den üblichen Patriarchenanstrich.

Clip 4: Jan Vogler über Barack Obama:

sueddeutsche.de: Verwässert es nicht die Qualität, wenn klassische Stücke zu Gassenhauern werden?

Vogler: Ich sehe im Fernsehen ab und an Grauenhaftes - wenn versucht wird, krampfhaft klassische Musik populär zu machen. Das verfehlt in jeder Hinsicht sein Ziel. Allerdings: Nur weil jemand ein Star ist, wird nicht automatisch die Qualität verwässert.

sueddeutsche.de: Haben Sie noch andere Vorbilder neben Obama?

Vogler: Für eine kurze Zeit war es Steve Jobs, weil ich dachte, er wollte nicht nur Apple, sondern generell den Computer kreativ weiterbringen. In der Politik war die große Depression über die Bush-Ära der Auslöser: Ich musste mich in Deutschland immer dafür entschuldigen. Es ist faszinierend, wie Amerika nun über Nacht sein Image saniert, nur weil Obama oft in der Zeitung abgebildet wird. Die Leute sagen, wenn ein freundlicher, gebildeter, intelligenter Afroamerikaner zum Präsidenten gewählt wird, dann können die USA nicht ganz so schlecht sein, wie wir gedacht haben.

sueddeutsche.de: Sie haben als Ostdeutscher Karriere gemacht und sind zu einem international anerkannten Künstler geworden. Was bekommen Sie von Verhältnissen in Ihrer alten Heimat 20 Jahre nach der Wende mit?

Vogler: Ich habe ja mit New York und Dresden zwei Lebensmittelpunkte. Der Rest ist Tournee. Die Unterschiede etwa zwischen Dresden und München kenne ich dabei viel weniger als die Unterschiede zwischen deutschem und amerikanischem Lebensgefühl. In der Welt interessiert sich übrigens kaum einer für das Ost-West-Problem in Deutschland.

sueddeutsche.de: Aber wie ist das, wenn Sie aus New York kommend mit Problemen wie Arbeitslosigkeit und Rechtsradikalismus in Sachsen konfrontiert werden?

Vogler: Sicher, in der Kulturszene lebt man in einer bestimmten Blase. Im Konzertsaal treffe ich nicht die Problemkinder. Es ist aber absolut den Versuch wert, mit Musik Toleranz zu fördern. Bei unseren Festivals in Dresden bringen wir bewusst junge Musiker verschiedener Hautfarbe und Kulturen zusammen und zeigen, wie sie ganz selbstverständlich miteinander arbeiten.

sueddeutsche.de: Das Moritzburg Festival leiten Sie seit 1993. Inwieweit haben Sie dabei auch eine politische Wirkung erreicht?

Vogler: Die Musik ist für alle da. Wir machen dabei öffentliche Proben für fünf Euro, bei denen keiner wegen des Preises oder der Kleiderordnung ausgeschlossen wird. Andererseits haben wir einen Gala-Abend, bei dem die Gäste nach dem Konzert von Sterneköchen bekocht werden. Über diesen Bogen bin ich glücklich.

Clip 5: Jan Vogler über seine Festivals:

sueddeutsche.de: Sie sind als Musiker sehr eingespannt - droht nicht eine gewisse Überforderung, wenn Sie nunmehr für zwei Festivals auch noch als Organisator und Manager aktiv werden müssen?

Vogler: Das passt zusammen. Ich war erst skeptisch, aber mein Freundeskreis sagte: "Das mit den Dresdner Musikfestspielen musst du machen!" Wir bieten jetzt zum Beispiel ein U30-Abo speziell für ein junges Publikum an. Da kann man natürlich einiges bewegen. Das reizt mich, das gibt Glücksgefühle - und es inspiriert mich fürs Cello. Wenn ich nur Cellist wäre, würde ich mich zurückziehen auf Partituren, auf meinen eigenen Körper und meine Gefühle. Das ist ein sehr unkommunikatives Dreieck. Die praktische Arbeit erdet mich. Und ohne das Cello wiederum wäre ich ein lausiger künstlerischer Leiter. Es ist meine schöpferische Quelle.

sueddeutsche.de: Nach dem Fall der Mauer und dem Ende der DDR sind Sie schnell nach New York gezogen. War das eine Art Therapie?

Vogler: Die Wende kam für mich - mit Mitte Zwanzig - genau zur richtigen Zeit. New York war das Gegengift zur DDR. In dieser Stadt muss man jeden Tag 20 Entscheidungen treffen, da gibt es eine solche Vielfalt und einen solchen Individualitätskult, der auch zu einem gewissen Egoismus führen und an Neurose grenzen kann.

Hören Sie Jan Vogler auf der nächsten Seite spielen.

"Wir müssen Konventionen aufbrechen"

sueddeutsche.de: Haben Sie unter den DDR-Verhältnissen gelitten?

Vogler: Ich hatte Glück mit dem Elternhaus. Alles in der DDR hing an der Famlie, an der eigenen Zelle. Meine Eltern waren politisch extrem gegen den Staat eingestellt. Wir hatten in Ost-Berlin tolle Konzerte und gute Theater-Aufführungen, das waren Inseln. Das hat für die Jugend gereicht. Und wir konnten uns ganz auf unsere Instrumente konzentrieren, es gab keine Ablenkung.

sueddeutsche.de: Das habe zur Bewahrung des "deutschen Klangs" geführt, lobt die New York Times.

Vogler: Die Theorie lautet, dass die Mauer den deutschen Klang im Osten konserviert hat, während der Westen alle Neuerungen aus dem Ausland, vor allem aus Frankreich, absorbierte. Da ist bestimmt etwas dran.

Clip 6: Jan Vogler über seine Zusammenarbeit mit Udo Lindenberg:

sueddeutsche.de: Aber was ist das: der "deutsche Klang"?

Vogler: Die einen sagen besonders hell, die anderen besonders dunkel. Ich glaube, es ist eine etwas schmucklosere Darstellung. Meine Lehrer waren sehr streng. Eine Note anders gespielt - und die Partitur war zerstört.

sueddeutsche.de: Was sagen Sie zur Einschätzung, bei einem Cellisten sei immer auch ein "Hauch von Wehmut" erkennbar - und es gebe Narben, die vom oft verlorenen Kampf gegen die Eigenheiten seines Instruments zeugten?

Vogler: Ein wunderschönes Zitat von Gregor Piatigorsky. Es ist, vielleicht bis auf die Sache mit den Narben, absolut wahr. Beim Cello-Spielen hat man die schönsten Gefühle zwischen Melancholie und Glück. Deswegen mag ich auch Tango so gerne. Cellisten sind Kämpfernaturen. Man gewinnt nicht jede Schlacht und stürzt sich doch in die nächste.

sueddeutsche.de: Ist Cello ein besonders erotisches Instrument?

Vogler: Das hoffe ich. Es ist ganz gewiss kein besonders sachliches Instrument. Mein jetziges Cello - ein Montagnana aus dem Jahr 1721 - ist jedenfalls erotischer als mein altes. Es kommen nach dem Konzert mehr Leute und sprechen mich darauf an.

sueddeutsche.de: So erotisch wie bei Udo Lindenberg, der das Instrument und eine Interpretin in seinem Hit "Cello" preist?

Vogler: Ich habe dieses wunderbare poetische Stück sogar schon zweimal mit ihm gespielt. An Udo Lindenberg beeindruckt mich seine frische und gesellschaftspolitische Art. Als wir das erste Mal in Dresden in der Manufaktur von VW gemeinsam spielten, gab es nur einen kurzen Soundcheck, 45 Minuten vor der Show. Er sagte, wir bräuchten keine Noten, "wir sind da eher so von der flexiblen Brigade". Das Experiment ging auf, wir hatten einen Riesenspaß. Das Cello-Solo in dem Stück ist rhythmisch etwas vertrackt, aber sehr schön.

Clip 7: Jan Vogler spielt Johann Sebastian Bach:

sueddeutsche.de: Herr Vogler, ist ausgeschlossen, dass Sie wieder ganz nach Deutschland kommen?

Vogler: Nein. Derzeit fühlen wir uns sehr wohl in New York. Ich habe in Amerika große Chancen bekommen und konnte mit fast allen großen Orchestern musizieren. Dort gehe ich mit einem sehr freien Gefühl auf die Bühne.

sueddeutsche.de: Sie gelten als großer Internet-Fan. Was mögen Sie an diesem Medium?

Vogler: Es ist schnell. Youtube ist zum Beispiel die größte Bibliothek. Wenn ich früher einen alten Film - Klemperer dirigiert - sehen wollte, musste ich mich in der Public Library anmelden und das Video dort anschauen. Der Vormittag war weg. Heute habe ich innerhalb von zehn Sekunden den Film vor mir, wenn auch in schlechter Qualität. Das Internet erlaubt einen unglaublichen Zugriff auf Quellen. Man sieht Musiker, und weiß mehr über ihr Spiel und ihren Charakter.

sueddeutsche.de: Wie wichtig sind in dieser digitalen Welt noch CD-Verkäufe? Oder wird sie ganz beherrscht von Online-Portalen und vom Downloading?

Vogler: Herbert von Karajan war ein absoluter Technikfreak - und doch hat selbst er gesagt, dass der technische Fortschritt zum Gegner der Musik werden könnte. Nur downloaden, das bedeutet Qualitätsverlust. Das Cellokonzert beim Joggen ist prima - aber es wäre schade, wenn es die einzige Art des Konsums wäre. Ich bin Tonträgerfan. Die CD liefert ein wichtiges Zeitbild, eine Momentaufnahme. Deshalb baue ich immer wieder ein CD-Projekt rund um einen Komponisten herum - um eine Messsage herauszusenden, die in alle Ecken der Welt gelangt.

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