Spurensuche:Urteilsvermögen

Spurensuche: Seltsames Paar: Dan Snow (Walter Matthau) streitet mit Ruth Loomis (Jill Clayburgh) um ein Gericht.

Seltsames Paar: Dan Snow (Walter Matthau) streitet mit Ruth Loomis (Jill Clayburgh) um ein Gericht.

(Foto: Paramount)

Streiten schärft die Argumente: Von zwei Richtern, die mit Freude unterschiedlicher Meinung sind und bleiben, handelt der Film "Ein Montag im Oktober" (1981), mit Jill Clayburgh und Walter Matthau.

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Von zwei streitbaren Richtern handelt "Ein Montag im Oktober"

Manchmal ist das so, dass eine Funktion wie gemacht ist für einen bestimmten Menschenschlag; Juristen, jene, die Richter am amerikanischen Supreme Court geworden sind, sollten Freude daran haben, die Argumentation der Gegenseite auseinanderzunehmen. Und vielleicht wird man davon ein bisschen kauzig. So einen wie Antonin Scalia, der unlängst gestorben ist und dessen Nachfolge noch den ganzen US-Wahlkampf lang umstritten sein wird, hat sich das Kino recht genau vorgestellt, fünf Jahre bevor er an den Supreme Court berufen wurde.

1981 spielte Walter Matthau, der Meister des griesgrämigen Humors, in Ronald Neames "Ein Montag im Oktober" Dan Snow, einen Richter am Supreme Court. Einer der anderen Richter, Moorehead, ist gestorben, und er hat sich eine Grabrede von Snow gewünscht. Ich war, sagt Snow am Sarg, überrascht, denn wir waren selten einer Meinung - aber das muss man auch nicht sein, sagt er, um einander zu respektieren.

Am ersten Montag im Oktober tritt dann das Gericht wieder zusammen, der Nachfolger ist da, besser gesagt: die Nachfolgerin. Mit Ruth Loomis (Jill Clayburgh) hat Snow noch viel weniger gemein als mit Moorehead. Was, fragt er, als er erfährt, wen der Präsident da vorgeschlagen hat, die Äbtissin von Orange County? Und, einen Drink später: Ich mag Frauen, ich bin sogar mit einer verheiratet - aber Ruth Loomis? Mit ihr kabbelt er sich dann ordentlich, die Szenen sind manchmal ein bisschen bieder - vielleicht würden die beiden schärfer schießen, würde der Film heute gedreht. Aber das wäre dann nicht mehr prophetisch. Auch eine Frau gab es nämlich damals noch nicht am Supreme Court, der Filmstart wurde ein paar Monate vorgezogen, als die erste Richterin dorthin berufen wurde.

Scalia war im richtigen Leben mit Ruth Bader Ginsburg befreundet, die auch Richterin ist am Supreme Court - was deswegen bemerkenswert ist, weil Ginsburg dem liberalen Lager zugeschlagen werden darf, Scalia aber erzkonservativ war. Im Film ist es genau andersherum - da ist Snow der Demokrat, und Ruth Loomis die Republikanerin. Aber Freunde und Verbündete werden sie trotzdem.

Am Anfang des Films, in seiner Grabrede für Richter Moorehead, noch bevor Loomis auftaucht, sagt Snow: Wir waren wie Säulen einer gotischen Kathedrale - stünden die nicht an gegenüberliegenden Seiten, würde das ganze Gebäude einstürzen.

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