"Shrek der Dritte":Oger-Soap

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Ein Hoch auf die britische Erzähltradition - der dritte "Shrek" kommt in die Kinos. Im königlichen Ornat kämpft der Oger gegen die Tücken des Märchenalltags.

Fritz Göttler

Ein guter Witz, meint unser Freund Shrek, und das vertraute breite Grinsen setzt sich in seinem gutmütig grünen Gesicht fest. Wir befinden uns am Sterbebett seines Schwiegervaters, des Froschkönigs des Landes Far Far Away, er ist gerade dabei, seinen letzten Seufzer zu tun, seinen vorletzten besser gesagt. Mit eben diesem hat er seinen Lieben mitgeteilt, dass Shrek und Fiona die nächsten sind in der Thronfolge - dazu verdonnert, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Wie gesagt, ein guter Witz...

Oger in love: Shrek und Fiona. (Foto: N/A)

Es ist eine schreckliche Szene, weil der alte Frosch ein letztes Mal alle Register des Schmierenkomödianten zieht, japsend und seufzend verabschiedet sich sein (Original-)Sprecher John Cleese damit aus der Serie. Das mit dem Witz war todernst gemeint, denn Shrek ist wirklich nicht amused über den neuen Job, der ihm da droht, und der erste öffentliche Auftritt im königlichen Ornat geht voll daneben in schauriger Peinlichkeit. Zum Glück gibt es einen weiteren Thronfolgekandidaten, den jungen Artus, der sich noch Artie nennt und in einem College sein kümmerliches Studentenleben fristet, als Loser-Lachnummer unter lauter hochmotivierten Managern in spe.

Im dritten Teil der "Shrek"-Serie ist der Prozess der Normalisierung erneut ein Stückchen vorangekommen, die Kavalkade der verblüffenden, schreiend komischen Verdrehungen und erzählerischen Kopfstände, die den ersten Teil ausmachten, ist einer angenehmen Beschaulichkeit gewichen, die Oger-Saga ist zur Soap geworden. Deren Schrecken sind allemal dem Alltag entnommen, weshalb den Ladies der Hofgesellschaft und ihren Teeparties ausnehmend viel Raum gewährt wird.

So demonstriert "Shrek 3" erneut, wie konsequent hier britische Erzähltradition erneuert wird, sanft und surreal, von "Alice im Wunderland" bis in die Swinging Sixties. Der "Immigrant Song" von Led Zeppelin gibt die Richtung vor, ein wilder Song mit Aussicht auf friedliche Zukunft: "So now you'd better stop and rebuild all your ruins, for peace and trust can win the day, despite of all your losing..."

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Ja, den Underdogs gehört die ganze Liebe dieses Films, ganz unten haben sie große shakespearesche Träume. Der erfolglose, neidige Prinz Charming zum Beispiel, der aus dem Staatstheater verbannt ist und auf einem Hinterhoftheater seine eigenen Träume und Miseren durchspielt. Ein klägliches Unterfangen, noch eine grandiose Lachnummer - nicht mal eine eigene Künstlergarderobe hat man ihm zuerkannt, sein Schminktisch steht auf einem dunklen Gässchen, wo er sich Abend für Abend im trüben Spiegel gegenübersitzt und den Aufstand probt.

Er kommt mit der neuen Macht-Dialektik nicht zurecht, die von der Shrek-Familie verkörpert wird und sehr viel gemütvoller ist als in den Königsdramen gewohnt. "Die Dicken sind nicht lächerlich, und sie wissen das", schreibt der spindeldürre Denker Baudrillard, "sie streben nach einer Art von Wahrheit, und in der Tat stellen sie etwas vom System, von seiner leeren Inflation zur Schau. Sie sind ein nihilistischer Ausdruck des Systems, ein Ausdruck der allgemeinen Inkohärenz der Zeichen . . ." In einer schönen kleinen Szene bekommt der Prinz diesen Inkohärenzzauber zu spüren, als er Pinocchio nach dem Aufenthalt von Shrek fragt und von diesem - der nicht lügen darf, weil seine Nase sonst anwächst - in einem Strudel dialektisch-postmoderner Umschreibungskunst versenkt wird.

SHREK THE THIRD, USA 2007 - Regie: Chris Miller. Ko-Regie: Raman Hui. Buch: Jeffrey Price, Peter S. Seaman, Jon Zack. Produktionsdesign: Guillaume Aretos. Artdirection: Peter Zaslav. Mit den Stimmen von: Mike Myers, Eddie Murtphy, Cameron Diaz, Antonio Banderas, Julie Andrews, John Cleese, Rupert Everett, Eric Idle, Justin Timberlake. Deutsche Stimmen: Esther Schweins, Sascha Hehn, Benno Fürmann, Wolfgang Spier. Universal, 93 Minuten.

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© SZ vom 21.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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