Sexuelle Gewalt:Harvey Weinstein aus Oscar-Akademie ausgeschlossen

  • In einer Dringlichkeitssitzung hat der 54-köpfige Vorstand der US-Filmakademie den Produzenten aus ihren Reihen ausgeschlossen.
  • Zahlreiche Schauspielerinnen, Models und Mitarbeiterinnen hatten sich in den letzten Tagen mit Missbrauchs- bis Vergewaltigungsvorwürfen zu Wort gemeldet.
  • Weinstein war seit mehr als 20 Jahren Mitglied der Akademie, die alljährlich die Oscars vergibt.

Filmproduzent Harvey Weinstein ist aus der US-Filmakademie ausgeschlossen worden. Das teilte die Akademie am Samstag nach einer Sitzung ihres 54-köpfigen Vorstands in Los Angeles mit. Schauspielerinnen, Models und andere Frauen werfen Weinstein vor, sie vergewaltigt oder sexuell belästigt zu haben.

Diese Entscheidung solle die Botschaft aussenden, dass "die Ära des vorsätzlichen Ignorierens und der schändlichen Komplizenschaft bei sexuell aggressivem Verhalten sowie Belästigung am Arbeitsplatz in unserer Branche vorbei ist", erklärte der Zusammenschluss von Filmschaffenden. Die Akademie kündigte außerdem an, dass sie "ethische Verhaltensstandards" festsetzen wolle, die alle Mitglieder der Akademie in vorbildhafter Form zu beachten hätten.

Die Vorwürfe gegen den Hollywood-Mogul waren in einer Dringlichkeitssitzung der Oscar-Akademie zur Sprache gekommen. Das in den Vorwürfen beschriebene Verhalten Weinsteins sei "widerlich, abscheulich und gegensätzlich zu den hohen Standards der Akademie und der kreativen Gemeinschaft, für die sie steht", hieß es zuvor in einem Statement der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die ihren Sitz in Beverly Hills hat.

Zu den Frauen, die sich mit Vorwürfen gegen Weinstein zu Wort gemeldet haben, gehören Ashley Judd, Angelina Jolie, Gwyneth Paltrow, Heather Graham, Kate Beckinsale, Cara Delevingne und Léa Seydoux. Die amerikanische Schauspielerin Rose McGowan beschuldigte Weinstein der Vergewaltigung.

Eine Sprecherin des Filmproduzenten hatte die Anschuldigungen nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe vor gut einer Woche zurückgewiesen: "Jegliche Vorwürfe von Sex, der nicht in beiderseitigem Einverständnis stattgefunden hat, werden von Herrn Weinstein eindeutig verneint." Prominente Branchen-Kollegen haben sich inzwischen von Weinstein distanziert.

Oscar-Preisträger Michael Moore bezeichnet Weinstein als "erfolgreichen Soziopathen"

Oscar-Preisträger Michael Moore, der mit Weinstein für seine Dokumentation "Fahrenheit 9/11" zusammenarbeitete, rief am Freitag in einem längeren Facebook-Eintrag dazu auf, "eine Welt ohne Harveys" zu schaffen. Moore bezeichnete Weinstein als einen "erfolgreichen Soziopathen", dem es über Jahre hinweg gelungen sei, Frauen heimlich zu missbrauchen. Er selbst habe nichts von Weinsteins Übergriffen gewusst. Jeder müsse sich nun hinter die Frauen stellen, die den Mut hatten, die Wahrheit über Weinstein zu offenbaren, erklärte Moore.

Von seinem Filmstudio The Weinstein Company (TWC), das er zusammen mit seinem Bruder Bob gegründet hat, ist Harvey Weinstein entlassen worden. Am Mittwoch hatte der britische Filmverband BAFTA Weinsteins Mitgliedschaft ausgesetzt. Das Filmfestival Cannes, wo der Produzent seit Jahren zu den bekanntesten Gästen zählt, zeigte sich in einer Mitteilung "bestürzt" über die Vorwürfe.

Weinstein war seit mehr als 20 Jahren Mitglied der Oscar-Akademie. Seine mit den Miramax-Studios und der Weinstein Company produzierten Filme wurden von der Academy mit über 80 Oscars ausgezeichnet. Fünf davon gewannen den Oscar als bester Film, für "Shakespeare in Love" gewann Weinstein persönlich den Oscar als bester Produzent.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieser Meldung war von einem "Sexskandal" die Rede. Weinstein wird sexuelle Gewalt vorgeworfen, kein Sexskandal. Wir haben das korrigiert.

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