Schriftsteller und Publizist:Ralph Giordano ist tot

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Ralph Giordano an seinem 90. Geburtstag in Hamburg. (Foto: dpa)
  • Ralph Giordano ist im Alter von 91 Jahren gestorben.
  • Seine autobiografische Familiensaga "Die Bertinis" wurde zum Bestseller.

Ralph Giordano ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Der jüdische Publizist sei am Mittwochmorgen in Köln im Alter von 91 Jahren gestorben, sagte eine Sprecherin seines Verlags Kiepenheuer & Witsch und bestätigte damit einen Bericht der Zeitung Express.

Kampf gegen Rechts

Giordano wurde am 20. März 1923 in Hamburg geboren. Als Sohn einer Jüdin und eines Sizilianers war er dem Holocaust als Jugendlicher nur knapp entkommen. "Es ist eine Lebensphase, die alles geprägt hat, was ich danach getan habe", Giordano später über die NS-Zeit. Als die Mutter im Februar 1945 deportiert werden sollte, versteckten sich die Giordanos in einem Kellerloch. Am 4. Mai 1945 wurden sie von der britischen Armee befreit - fast verhungert und total entkräftet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Kampf gegen Rechts zu seinem Lebensthema

Dem "rechten Ungeist" müsse man mit Aufklärung und inhaltlicher Auseinandersetzung begegnen und mit Zivilcourage, verlangte er. Die lange unentdeckte Mordserie des Neonazi-Netzwerks NSU hatte ihn als schon Hochbetagten noch einmal aufgeschreckt. "Mir wird bange um die demokratische Republik - die einzige Gesellschaftsform, unter der ich mich sicher fühlen kann."

Giordanos Werk

Er schrieb 23 Bücher, von denen viele Bestseller wurden, auch im Ausland. Zu seinen Hauptwerken gehören die autobiografische Familiensaga "Die Bertinis", "Die zweite Schuld oder von der Last ein Deutscher zu sein" und "Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte". "Die Bertinis" wurde zum Bestseller und 1988 für das ZDF verfilmt.

Viel beachtet wurde auch seine Autobiografie "Erinnerungen eines Davongekommenen", die er 2007 veröffentlichte. Im selben Jahr sorgte sein scharf formulierter Protest gegen den Bau einer Großmoschee in Köln-Ehrenfeld für Irritationen. Giordano soll damals sogar Morddrohungen bekommen haben.

Als Fernsehmann arbeitete er ab 1961 zunächst beim Norddeutschen Rundfunk, drehte dann von 1964 bis 1988 für den WDR etwa 100 Filme aus aller Welt. Für seine TV-Dokumentationen wurde Giordano mehrfach ausgezeichnet.

Ehrungen

Zu seinem 90. Geburtstag am 20. März vergangenen Jahres war Giordano in seiner Geburtsstadt Hamburg noch groß geehrt worden - einer der wenigen öffentlichen Termine, die er damals noch wahrnehmen konnte. "Mein Energiehaushalt, mein Kräftepotenzial ist reduziert, das spüre ich deutlich", hatte er der Deutschen Presse-Agentur in seiner bescheidenen Kölner Wohnung gesagt. Hinter ihm liege eine "ungeheuere Strecke" und ein "mörderisches Jahrhundert".

Als intellektueller Kopf hatte Giordano schon zuvor zahlreiche Ehrungen erhalten, auch das Bundesverdienstkreuz oder den Leo-Baeck-Preis vom Zentralrat der Juden in Deutschland.

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