"Schön doof" zu Bully Herbig:Ein ernsthafter älterer Herr

19th Annual German Comedy Awards

Michael "Bully" Herbig, hier Anfang der Woche bei den Comedy Awards in Köln, will nur noch einen lustigen Film machen und dann ernst werden.

(Foto: Getty Images)

Mit großem Pathos hat Michael "Bully" Herbig angekündigt, keine lustigen Filme mehr machen zu wollen. Er sei zu alt, um noch in Frauenklamotten zu steigen. Wie schade, findet unser Autor.

Von Christian Mayer

Der Filmemacher Michael "Bully" Herbig wird vom Publikum geliebt, weil er so hinreißend komisch sein kann. Doch nun, mit 47, will er endlich seriös werden und nie mehr in Frauenklamotten steigen. Ein großer Fehler, findet Christian Mayer.

Im "Monaco Franze" von Helmut Dietl gibt es eine Schlüsselszene, die sich Männer in der Mitte des Lebens gar nicht oft genug ansehen können. "Ein ernsthafter älterer Herr" heißt die Folge, man sieht da einen melancholischen alten Rocker auf dem Höhepunkt einer Sinnkrise, der alte Rocker steht am Abhang einer Müllhalde und wirft seine Lederjacke und das Sturmfeuerzeug in den Abgrund. Der Monaco Franze beobachtet interessiert die Szene und will wissen, was los ist: "Wissen Sie", sagt der Rocker und streift sich ein Business-Hemd über, "irgendwann kommt man in ein Alter, da muss Schluss sein mit den Dummheiten. Man ist ja nicht mehr 20 . . ."

Auch der Filmemacher Michael "Bully" Herbig, ein großer Helmut-Dietl-Verehrer, hat jetzt diesen Scheitelpunkt der fragilen Männlichkeit erreicht, den Moment der feierlichen Selbstentsagung. Allerdings hat er sich nicht auf einer Müllhalde, sondern im Zeit-Magazin zu seinem Wandlungsprozess geäußert.

Einen letzten komischen Film will er noch drehen, die Kinofassung der "Bullyparade", die den Münchner einst bekannt gemacht hat - dann ist Schluss mit lustig. Keine irren Verwandlungen mehr, keine Fesselspiele am Marterpfahl, keine Tunten-Witze, keine billigen Lacher, die für sich genommen auch oft eine Kunst sind. Mit 50 sei er zu alt, in Frauenklamotten aufzutreten, sagt Herbig, der seinen Rücktritt mit todernster Miene einleitet: "Für mich wäre es ein Traum, wenn Leute von mir einen Thriller akzeptieren würden." Bei so viel Demut kommen einem fast die Tränen. Schöner hätte das Veronica Ferres auch nicht formulieren können.

Wie viele andere, die ein kritisches Alter erreichen, will sich Herbig neu erfinden, aus seinem alten Ego heraustreten und sich von der Last der Vergangenheit befreien. So eine Art Entschlackungskur streben ja viele Männer seines Alters an, die dann auf einmal wie verrückt Yoga machen, auf absurd hohe Berggipfel marschieren und allen vermeintlich schlechten Gewohnheiten abschwören, um sich endlich nicht mehr doof zu finden. Aber was, beim Manitu, ist der Vorteil, nicht mehr komisch und auch mal lächerlich zu sein, seine kindlich-subversive Seite also gewaltsam niederzuringen?

Vielleicht hätte sich Herbig doch noch mal den "Monaco Franze" anschauen sollen, Folge 7. Den geläuterten Rocker, der auf einmal nur noch Rosen züchten und philosophische Bücher lesen will, findet der ewige Stenz am Ende ziemlich abschreckend. Der Monaco Franze geht lieber zum Friseur und lässt sich die grauen Schläfen färben - das war's dann mit der Sinnkrise. "Ein ernsthafter älterer Herr? Auf gar keinen Fall." Wäre ja auch viel zu gefährlich: "Wenn ich in meinem Alter das Denken anfange, dann werde ich so depressiv, dass es ganz aus ist."

Bevor es richtig traurig wird, hoffen wir mal, dass der neue Herbig den alten "Bully" nicht ganz verrät, wenn er bald nur noch in skandinavischen Krimis und Berliner Arthaus-Filmen mitspielt. Falls nicht, sollte ihn dringend mal einer kitzeln, am besten irgendein Trottel in Frauenklamotten, der billige Witze erzählt. Das hilft!

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