Schlingensief-Projekt "Operndorf Afrika":Wenn sich ein Lebenstraum postum erfüllt

Die meisten hielten es für einen schlechten Scherz, als Christoph Schlingensief 2008 verkündete, er wolle ein Opernhaus in Afrika bauen. Noch dazu in Burkina Faso, dem ärmsten Land des Kontinents. Mittlerweile ist bereits ein Drittel des Projekt fertig gestellt. Aino Laberenz, die Witwe des verstorbenen Künstlers, berichtete in Hamburg von den Fortschritten des Projekts "Operndorf Afrika".

Einen Ort der kulturellen Begegnung zu schaffen und "von Afrika lernen" - das war Christoph Schlingensiefs großer Traum. Bei den dritten Lessingtagen des Hamburger Thalia Theaters sprach seine Witwe Aino Laberenz mit namhaften Vertretern der Kunstszene über das Vermächtnis des Künstlers, mit dabei waren Aktionskünstler John Bock, Kunstsammler Harald Falckenberg und Intendant Matthias Lilienthal sowie Moderator Wolfgang Höbel. Dabei gab Laberenz einen Zwischenbericht über die Bauarbeiten für das Projekt "Operndorf Afrika" ab.

Eröffnung der Schule von Schlingensiefs  'Operndorf'  steht bevor

Christoph Schlingensief (1960 - 2010) vor Ort in Burkina Faso. Der Künstler konnte sich seinen Lebenstraum vom "Operndorf Afrika" zu Lebzeiten nicht mehr erfüllen.

(Foto: dpa)

Schon zu Lebzeiten hatte Schlingensief immer von dem Operndorf gesprochen, doch kaum jemand vermutete hinter den Plänen des exzentrischen Künstlers ein reales Vorhaben. Schließlich war der im August 2010 verstorbene Schlingensief weithin als provokanter und kontroverser Künstler bekannt.

Beispielsweise rief er 1998 alle vier Millionen Arbeitslose in Deutschalnd auf, gleichzeitig im Salzburger Wolfgangsee zu baden. Mit der Aktion sollte Kanzler Helmut Kohls Urlaubsdomizil am Ufer des Sees geflutet werden, der sich zu zum Zeitpunkt der Aktion gerade mitten im Bundestagswahlkampf befand.

Die Grundidee hinter Schlingensiefs "großem Lebenstraum" war nicht, Afrika einen deutsch geprägten Opernbegriff aufzuzwingen. Schließlich sei das, was Afrika am wenigsten brauche, ein weiterer weißer Elefant, so der Künstler.

Vielmehr wollte er damit den westlichen Kunstbegriff auf den Kopf stellen und der Kunst Leben einhauchen.

Durch das Projekt sollte sich auch das stereotype Bild ändern, das in der westlichen Welt von Afrika bestehe. Afrika sei nicht nur ein armer Kontinent, dem wir immer helfen müssten. Die in Deutschland bestehenden Afrika-Bilder seien selbst gemacht und daher trügerisch.

Wie ein Schneckenhaus wachsen

Die Oper selbst ist nur einer von drei Teilen des Projekts. Daneben sollen noch eine Schule und ein Krankenhaus gebaut werden. Der erste Bauabschnitt mit der Schule mit Film- und Musikklassen ist bereits fertig gestellt und wurde im Oktober 2010 eröffnet, zwei Monate nach dem Tod von Christoph Schlingensief.

Wie die finnische Künstlerin Laberenz in Hamburg berichtete, soll es bald mit dem zweiten Bauabschnitt mit dem Krankenhaus weiter gehen. Einzig das Geld dafür fehlt noch. Nun versucht sie, durch Spenden die dafür notwendigen 500.000 Euro zu sammeln. Erst im dritten Bauabschnitt soll dann letztendlich, das Herz des Projekts, die Oper entstehen.

Was am Ende genau aus dem Dorf werden soll, ist völlig offen. "Das sollen die Afrikaner selbst entscheiden, ohne jegliche Erwartungshaltung.", meinte Laberenz. Auf jeden Fall soll sich das Dorf, gemeinsam mit den dort lebenden Menschen und unter Maßgabe ihrer Bedürfnisse und Möglichkeiten, entwickeln und wie ein Schneckenhaus von innen nach außen wachsen.

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