Schauplatz Rom:Raus aus dem alten Kommunisten-Haus

In der Via dei Giubbonari 38 überlebte eine Sektion des linken Partito Democratico siebzig Jahre lang alle Wirren postkommunistischer Parteipolitik. Man hatte sie für ewig gehalten - aber nun muss sie schließen.

Von Oliver Meiler

Geschieht nicht noch ein Wunder, dann stirbt der Kommunismus an diesem Mittwoch in Rom einen weiteren kleinen Tod. Und das hätte man ja nun wirklich nicht für möglich gehalten, nicht nach all den überstandenen Kämpfen. In der Via dei Giubbonari 38, einige Schritte nur entfernt vom Campo de' Fiori, überlebte eine Sektion des linken Partito Democratico siebzig Jahre lang alle Wirren postkommunistischer Parteipolitik, alle Neubenennungen und auch den Berliner Mauerfall. Als wäre nichts passiert. Neben der Haustür hängt noch immer eine alte Steinplatte, auf der sie 1946 Hammer und Sichel eingraviert und rot eingefärbt hatten. Dazu das Akronym P. C. I., Partito Comunista Italiano.

Der Fassadenputz blättert schon lange ab, doch der Dekadenz wohnte ein ganz eigener Charme inne. L' Unità, das frühere Zentralorgan der Partei, hängte jeden Tag ihre Seiten in die roten Holzrahmen vor dem Haus, damit sie jeder umsonst lesen konnte, der sie lesen mochte. In den beiden Räumen im Erdgeschoss, die immer offen standen, an sieben Tage in der Woche, saßen zwischen alten Büchern und verrauchten Fahnen zumeist ältere Herrschaften, die auch die Zeiten erlebt hatten, als der P. C. I. noch die größte kommunistische Partei im Westen war, und sie debattierten da mit der Verve von einst. Zuletzt waren die Sitzungen aber nur noch traurige, administrative Veranstaltungen.

Die Sektion an der Via dei Giubbonari, die man für ewig gehalten hatte, eingeschweißt in das vertraute Bild des Viertels, muss nun schließen. Vielleicht lassen sie die Steintafel am Eingang hängen, zur Erinnerung. Man wird sich dann vielleicht auch in Zukunft erzählen, dass die Stadt, der die Immobilie gehört, sie damals nach dem Zweiten Weltkrieg mit Sinn für Historie und für 320 Lire im Monat an die Kommunisten vermietete: Hausnummer 38 war davor nämlich eine "Casa del Fascio" gewesen, ein Parteisitz der Faschisten. Aber sicher ist nicht einmal, dass die Tafel bleibt.

Jammern wäre verfehlt. Neulich wurde bekannt, dass die Partei schon seit vielen Jahren viel zu wenig oder gar keine Miete mehr entrichtete. 170 000 Euro Schulden häuften sich an. Man versuchte noch, mit Flohmärkten etwas Geld einzutreiben, verkaufte staubige Bücher, Plakate, Frontseiten der Unità. Und man verhandelte mit der Stadt, rief Tribunale an. Vergeblich. Die säumige Partei zieht aus, beteuert aber natürlich, sie werde sich bewerben für einen neuen Mietvertrag, wenn die Stadt die Lokale wieder ausschreibe. Sehr aussichtsreich dürfte die Selbstempfehlung nicht sein. Es bräuchte ein Wunder. Wahrscheinlich kommt nun ein Kleiderladen rein. Oder eine Gelateria.

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