Schauplatz Rom:Lukratives Himmelsloch

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Der italienische Kulturminister will für das Pantheon drei Euro Eintritt verlangen. Die Römer halten das für schändlich.

Von Oliver Meiler

Wie schön sie doch bauen konnten früher, viel früher. Die alten Römer etwa. Unter den Vermächtnissen der Antike ist das Pantheon in Rom ein besonders unversehrtes und zauberhaftes Beispiel. Der Zauber wirkt immer neu. Auch an diesem Wintertag wieder, da es durch das kreisrunde Loch in seiner Kuppel regnet und windet, kalt und fies. Der "Oculus" ist das einzige Fenster des Baus, neun Meter Durchmesser. Und weil es offen ist, wie es das immer war, ein Guckloch zum Himmel, ein Quell von Licht und Wetter, schaut man da jedes Mal automatisch hoch und staunt.

Die Römer nennen den Tempel der Götter so, wie er dem Betrachter erscheint: "la rotonda", die Runde. Der Bau wirkt fast wie eine Kugel, Höhe und Durchmesser sind gleich groß. Er ist so formvollendet, dass Raffaello, der Meister der Renaissance, darin bestattet werden wollte. Neben anderen. Es liegen da auch zwei Könige und eine Königin der Savoyer, die ständig von Monarchisten im Frondienst bewacht werden. Die Wächter wirken etwas grotesk in ihren Uniformen, aber sie gehören dazu. Im Pantheon werden manchmal auch Messen zelebriert. Es ist nämlich nicht nur ein Museum im Besitz des italienischen Staates, sondern auch eine geweihte Kirche.

Das alles muss man wissen, um die Polemik dieser Tage zu verstehen. Ausgelöst hat sie Italiens Kulturminister Dario Franceschini, von Amtes wegen zuständig für die Verwaltung der Museen. Franceschini möchte den Zauber des Pantheon, den es bisher umsonst gab, mit einer Taxe belegen: drei Euro pro Eintritt. Der Politiker verspricht sich jährliche Einnahmen von 21 Millionen Euro. Mit diesem Geld will er die Renovierung anderer Monumente finanzieren, für deren Unterhalt das Budget nicht mehr ausreicht. Die Touristen, die für alles bezahlen, wären wohl bereit, auch dafür anzustehen. In Mailand und Venedig gibt es schon länger Kirchen mit Zahlschranke. In Rom wäre das Pantheon die erste.

Die Idee des Ministers stößt auf harten Widerstand, vor allem unter Intellektuellen. Man wirft Franceschini vor, er wolle nun alles kommerzialisieren, selbst einen solch emblematischen Ort für die nationale Identität wie das Pantheon, diese Brücke in die Antike, in die vergangene Glorie. Gegen kümmerliche 21 Millionen Euro. "Ein Tickethäuschen", schreibt der Kunstkritiker Tomaso Montanari in der Zeitung La Repubblica, "würde diese Verbindung kappen." Luca Bergamo, der Kulturverantwortliche der römischen Stadtverwaltung, sagt es so: "Rom darf nicht zum Museum für Touristen werden." Klingt gut und richtig. Doch natürlich ist Rom schon lange ein Museum für Touristen, ein Disneyland, bevölkert von Krämern mit unterschiedlich redlichen Absichten.

Darum: Gleich morgen wieder hin. Unter die Luke, den Oculus. Und gratis staunen. Bis zur Genickstarre.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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