Schauplatz Berlin:Abgang mit Theaterdonner

Der Manager der Schlossbaustelle, Manfred Rettig, hat seiner Ankündigung, er werde seinen Posten vorzeitig verlassen, jetzt doch noch eine krachende Erklärung nachfolgen lassen.

Von Lothar Müller

In Berlin muss ja alles immer ein wenig größer sein. Das gilt auch für die Auf- und Abtritte. Darum hat der Manager der Schlossbaustelle, Manfred Rettig, seiner Ankündigung, er werde seinen Posten vorzeitig verlassen, jetzt im Berliner Tagesspiegel noch eine donnernde Erklärung nachfolgen lassen. "Ich wollte ein Zeichen setzen", sagte er, und fügte hinzu: "Ich wollte deutlich machen, dass man ein solches Projekt nicht durch nachträgliche Änderungswünsche fahrlässig in Gefahr bringen darf." Und ließ keinen Zweifel daran, wer die Gefahr heraufbeschworen hat: die Politik in Gestalt der Kulturstaatsministerin Monika Grütters und des Berliner Regierenden Bürgermeisters Michael Müller. Grütters habe nachträgliche Änderungen des bisherigen Konzeptes durch den Intendanten des Humboldt-Forums, Neil MacGregor nicht ausgeschlossen: "Da haben bei mir sämtliche Alarmglocken geschrillt."

Manfred Rettig ist ein verdienter Mann. Er hat den Hauptstadt-Umzug der Bundesregierung erfolgreich gemanagt, und das 590 Millionen-Projekt, bei dem bis 2019/20 das wiederaufgebaute Schloss zur Bühne des Humboldt-Forums werden soll, liegt nicht nur im Zeit- sondern auch im Kostenplan. Das ist im von den Problembaustellen Flughafen und Staatsoper geplagten Berlin alles andere als selbstverständlich. Und so war es kein Wunder, dass beim Richtfest auf der Schlossbaustelle im Juni Manfred Rettig allseits gefeiert wurde, von den Repräsentanten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ebenso wie von der Bundes- und Landespolitik.

Warum nun dieser plötzliche Abgang? Wegen "nachträglicher Veränderungswünsche"? Gewiss, da war die Kehrtwendung des Landes Berlin. Es hatte ursprünglich seine - bescheidene - Spielfläche im Humboldt-Forum als ein Schaufenster für die Zentral- und Landesbibliothek nutzen wollen. Dann aber kündigte Michael Müller an, es werde stattdessen eine Ausstellung über die Geschichte Berlins geben, unter dem Titel "Welt. Stadt. Berlin.", der die seit je hier grassierende Metropolensehnsucht griffig interpunktiert. Aber hätte das einen Grundpfeiler ins Wanken gebracht?

Mit Plänen der Haustechnik in der Hand hat Rettig im vergangenen Jahr gern erklärt, wie kompliziert das Zusammenspiel von Architektur und Raumprogramm jetzt schon ist. Bibliotheken benötigen einen andere Raumluft als Säle für Kunstwerke.

Und hat die dreiköpfige Intendanz des Humboldt-Forums aus Neil Mac Gregor, dem Chef der Preußen-Stiftung Hermann Parzinger und dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp etwas verlauten lassen, das den Baufortschritt gefährden könnte? Bisher nicht. Sie hat noch überhaupt kein detailliertes Konzept vorgelegt, das so weit wäre wie der Schlossneubau. "Die Politik", sagte Manfred Rettig, habe es versäumt, rechtzeitig inhaltliche Konzepte zu erstellen. Das ist seltsam. Denn so wenig wie Rettig selbst ist "die Politik" für die Ausstellungskonzeption im Humboldt-Forum zuständig. Nicht die "Veränderungen" des Konzepts dürften den Theaterdonner Rettigs ausgelöst haben, sondern der Umstand, dass bei den Konzepten noch längst nicht Richtfest ist.

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