Russland:Repressionen

Lesezeit: 1 min

Nachdem der Hausarrest gegen Regisseur Kirill Serebrennikow verlängert wurde, ist nun das Malyj Dramatitscheskij Teatr in Sankt Petersburg im Visier der russischen Behörden. 645 000 Euro sollen unterschlagen worden sein.

Von Sonja Zekri

Während ein Moskauer Gericht den Hausarrest gegen den Regisseur Kirill Serebrennikow wegen angeblicher Veruntreuung von Steuergeldern bis zum 19. April verlängert hat, hat nun das Kleine Dramen-Theater in Sankt Petersburg, das Malyj Dramatitscheskij Teatr, die Aufmerksamkeit der Behörden geweckt. Der Geheimdienst FSB hat nach Medienberichten aufgedeckt, dass beim Bau einer neuen Spielstätte umgerechnet 645 000 Euro unterschlagen worden seien. Diese Summe sei unter anderem verwendet worden, um einen Mercedes und einen Maybach zu kaufen, auch von einer Yacht und einem kleinen Flugzeug sei die Rede. Einige Personen seien festgenommen worden.

Während sich der Bau hinzieht, war einem Auftragnehmer wegen der Überschreitung von Fristen gekündigt worden, das Projekt und die Dokumentation mussten neu ausgeschrieben werden, was zur Folge hatte, dass das Kulturministerium als Auftraggeber doppelte Ausgaben hatte. Aus dem Theater hieß es, alle Fragen seien an das Kulturministerium und den Auftraggeber zu richten, das Theater habe damit nichts zu tun. Das Malyj Teatr wird seit 35 Jahren von Lew Dodin geleitet. Er war, wie Serebrennikow, einer jener Künstler, die 2017 nicht zum Sankt Petersburger Kulturforum eingeladen wurden.

Serebrennikow hatte am Mittwoch vergeblich versucht, dem Gericht die Absurdität der Vorwürfe gegen ihn nahezubringen. Er soll 70 Prozent der staatlichen Gelder für das Theaterprojekt "Plattform" unterschlagen haben. Mit nur 30 Prozent aber hätte er niemals drei Jahre und drei Monate lang etwa 100 Inszenierungen, Konzerte, Medienfestivals, zum Teil mit internationalen Künstlern durchführen können. "Das Schlimmste ist, dass sich keiner bemüht, das Offensichtliche zu sehen und die richtigen Schlüsse zu ziehen", so Serebrennikow. Zwei frühere Mitarbeiter, Jurij Itin und Alexej Malobrodskij, müssen ebenfalls bis April in Hausarrest oder Untersuchungshaft bleiben. "In Gottes Namen, dann entlassen Sie mich nicht", so Serebrennikow: "Aber entlassen Sie Malobrodskij aus der Untersuchungshaft."

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: