Russland:Putins Pressionen

Wird nach dem Fernsehen das Internet zensiert?

Trübe Zeiten für die Medienfreiheit in Russland: Kaum hat der Kreml die Karriere eines der letzten unabhängigen TV-Moderatoren brüsk beendet, planen die Zensoren die Kontrolle des Internets.

Das Oberhaus arbeitet an einem Gesetz "über das Internet": "Das Net ist eine Müllhalde, wo man ohne Argumente und Sachkenntnis veröffentlichen kann, was einem gefällt", sagt Senatorin Ludmilla Narussowa.

Zwei Tage zuvor war der populäre Moderator Leonid Parfjonow vom Sender NTW entlassen worden. Er hatte Zensur gegen sein Politmagazin Namedni ("Neulich") öffentlich gemacht. NTW galt in den Neunzigern als professionell und regierungskritisch.

Das Vorgehen gegen den wegen angeblicher finanzieller Unregelmäßigkeiten verfolgten Besitzer Wladimir Gussinskij war eindeutig politisch motiviert, dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt. 2001 musste Gussinskij verkaufen, NTW wurde ein halbstaatlicher Sender. Kritik am Kreml wird selten geübt.

Deshalb geben nun die Auslassungen über das Internet zu denken. Senatorin Narussowa, Witwe des früheren Petersburger Bürgermeisters und engen Putin-Freunds Anatolij Sobtschak, vergleicht das Netz mit einer "Epidemie wie der Cholera".

Ein "Gremium von Profis" solle künftig "in absolut öffentlicher Art" Kontrolle ausüben. Bisher haben sechs von 145 Millionen Russen Zugang zum Internet - doch selbst das ist den Zensurwütigen wohl zu viel.

© SZ vom 4.6.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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