Rosa von Praunheim:Das Spiel mit dem Grauen

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Stammt der Paradiesvogel unter den deutschen Filmemachern von einem SS-Mann ab? Rosa von Praunheim sucht in seinem neuen Film nach seinen Wurzeln: "Meine Mütter".

Fritz Göttler

Dass es vorliebnehmen soll mit seinen leiblichen Eltern, ist für jedes Kind eher ärgerlich. Dass es nicht selber imaginieren und fabulieren darf, woher es kommt und was sein Platz ist in der Geschichte. Eigentümlich, was in dieser Hinsicht dem Knaben Holger passierte - kurz vor dem Jahr 2000 hat seine Mutter ihm gestanden, dass er nicht ihr Kind, sondern nur adoptiert sei - in einem Gefängnis.

Paradiesvogel im deutschen Filmgeschäft: Regisseur Rosa von Praunheim (Foto: Foto: AP)

Holger Mischwitzky ist bekannt als der Filmemacher Rosa von Praunheim, der in den Siebzigern mit "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" für Aufsehen sorgte. Die mutterlose Situation bedeutet Irritation und Frust - jeder wusste davon außer dem Jungen -, dann aber auch das Abenteuer eines völlig neuen Familienromans.

Auf seiner Suche wird Rosa von ein paar Frauen liebevoll unterstützt, Elfi Mikesch, die an der Kamera schöne Einstellungen für ihn findet, oder die Journalistin Anita Kugler, die ihm zur Seite steht. Die Spur führt nach Riga, das damals von den Nazis besetzt war, es gab ein Massaker, in dem 97 Prozent der jüdischen Bevölkerung der Stadt umgebracht wurden.

Die Mutter war eine schöne deutsche Sekretärin, die offenbar psychisch krank war und dann in der Anstalt Berlin Wittenau starb. Während das in düsterer Folgerichtigkeit recherchiert wird, gibt es auch manche lichte Episode, eine Tante taucht auf, auf einem Vertriebenentreffen, ein Fotograf mit weißem Wagen gerät kurz unter Vaterschaftsverdacht.

Aber am Ende muss der Vater doch wohl unter den SS-Leuten in Riga zu finden sein. Schlimm, schlimm, raunt der Kollege und Freund Chris Kraus ("Vier Minuten"), selbst mit lettischem Blut in den Adern. Und mit lustvollem Schauder wird sie von den Jungs beschworen, die mögliche Herkunft von einem Massenmörder.

MEINE MÜTTER, D 2007 - Regie, Buch: Rosa von Praunheim. Recherche: Markus Tiarks, Agnese Luse. Schnitt: Mike Shephard. Basis, 87 Minuten.

© SZ vom 3.6.2008/mst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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