Relaunch der FAZ:Der Bilderstreit

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Die "alte Tante" geht künftig mit einem prominenten Titelfoto auf Leserfang - und erntet dafür nicht nur Applaus. Als nächstes wartet das Projekt Magazin.

Caspar Busse

Wer bisher am Kiosk fast blind zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gegriffen hat, der muss künftig etwas genauer hinschauen, um das richtige Blatt zu erwischen. Seit Freitag erscheint die "Zeitung für Deutschland" mit einem großen, farbigen, dreispaltigen Foto auf der ersten Seite - den Anfang machten die Präsidenten von Süd- und Nordkorea, die in Pjöngjang hinter Weinflaschen ihre Friedensinitiative feiern.

Vorbei die Zeiten, in denen sich die "alte Tante", wie die FAZ von manchen liebevoll genannt wird, von allen anderen abhob: Auf der ersten Seite gab es bislang nur Text. Nur 33 Mal erschien seit 1949 ein Foto. Dann wusste der FAZ-Leser, es ist etwas wirklich Wichtiges geschehen - wie an dem Tag nach der Wahl des deutschen Kurienkardinals Joseph Ratzinger zu Papst Benedikt XVI.

"Der Souverän hat gesprochen, und das Ergebnis ist eindeutig", schrieb Werner D'Inka, einer der fünf Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, am Freitag in einem Leitartikel zum Relaunch. Ausführliche Befragungen hätten ergeben, dass mehr als drei Viertel der Leser die neue FAZ gut finden - einladener, frischer, ohne Abstriche an Seriosität.

Das neue Layout ist möglicherweise nicht das Ende der Renovierungsarbeiten. "Wir denken weiter über ein FAZ-Magazin nach, es steht auf der Agenda", sagte D'Inka am Freitag der Süddeutschen Zeitung. Die volle Aufmerksamkeit habe bislang den Arbeiten an dem neuen FAZ-Layout gegolten. Das Projekt FAZ-Magazin sei deswegen zurückgestellt worden, es sei aber keineswegs in der Schublade verschwunden.

Sollte ein wöchentliches FAZ-Magazin wieder kommen, wäre es in jedem Fall Teil der Gesamtredaktion und damit den FAZ-Herausgebern unterstellt, so D'Inka. 1999 hatte die FAZ das Magazin, das immer am Freitag beilag, wegen schlechter Anzeigenlage eingestellt. Im Mai reanimierte schon die Wochenzeitung Die Zeit ihr Magazin.

Obdachlos in der Medienwelt

Die FAZ-Macher haben aber nicht nur Fotos auf der ersten Seite eingeführt. So wurden die Fraktur-Schrift über den Kommentaren abgeschafft, die Überschriften sind nun linksbündig statt zentriert, zwischen den Spalten gibt es keine Linien mehr, längere Artikel erhalten einen Vorspann. Insgesamt erscheint die FAZ luftiger, leichter. Es gibt Kästen und Meldungsspalten, Inhaltskästen auf jeder Aufschlagsseite. Nur auf der ersten Wirtschaftsseite erscheint links oben nochmal das FAZ-Logo in Fraktur.

Bei den FAZ-Lesern stößt das neue Layout nicht nur auf Zustimmung. Die Reaktionen der Leser auf faz.net sind größtenteils vernichtend. "Erschreckend, da geht sie hin, die gute alte FAZ," schreibt einer; "es tut auch sehr weh. Obdachlos in der Medienwelt" ein anderer. Von Anbiederung an den Zeitgeist und Oberflächlichkeit ist die Rede. "Ich setze mich jetzt in meinen Oldtimer, genieße das Bewährte und fahre ins Büro", ärgert sich Dritter. Schon die Einführung der Schmuckfarbe rot vor einiger Zeit hatte die Leserschaft gespalten.

Dass sich die FAZ irgendwann ändern werde, ist eigentlich seit sechs Jahren klar. Damals wurde die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung eingeführt - mit neuem, bunten, frischen Layout. Das Blatt, das für sein Design Auszeichnungen erhielt, wurde zu einem Erfolg. Doch bei der FAZ selbst gab es immer harte interne Diskussionen. Die Auflage ging in den vergangenen Jahren stetig zurück, im zweiten Quartal 2007 lag sie bei 361500 Stück. D'Inka hofft nun, dass die Zeitung neue Leser gewinnt, weil "sie einladener wirkt". Allen Skeptiker verspricht D'Inka: "Diese Zeitung wird auch künftig nicht sein wie jede andere."

© SZ vom 6.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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