Reinhold Beckmann im Gespräch:"Ein Spalt in der Mauer"

ARD-Moderator Reinhold Beckmann über die Verlängerung seines Vertrags, den Tod seines Bruders und einen Film über Udo Lindenberg.

Christopher Keil

SZ: Herr Beckmann, Ihr Kollege Johannes B. Kerner hat es nach zehn Jahren nicht mehr im ZDF ausgehalten und ist zu Sat 1 zurückgekehrt. Sie sind nun schon elf Jahre bei der ARD, wie lange wollen Sie noch bleiben?

Reinhold Beckmann

Treue Seele der ARD: Moderator Reinhold Beckmann.

(Foto: Foto: dpa)

Reinhold Beckmann: Mein Fernweh hält sich in Grenzen. Ich habe bei der ARD meinen neuen Vertrag unterschrieben, der bis 2013 läuft.

SZ: Ende 2013 werden Sie 57 Jahre alt sein, das wäre dann das Vorruhestandsalter.

Beckmann: Stimmt, mit 57 beginnt der klassische ARD-Vorruhestand, das trifft aber nicht auf freie Mitarbeiter zu. Ich glaube, wir sollten 2013 noch einmal telefonieren. Es könnte zu einer weiteren Verlängerung kommen. Bei der ARD gibt es noch viele schöne Spielflächen, und wir werden uns in den nächsten Jahren auf ein paar neue Abenteuer einlassen.

SZ: Spielflächen sind bei Ihnen bisher Ihre Talkshow am Montag, Sportmoderationen und auch Filme. Einen Film produzieren Sie jährlich, worum geht es im aktuellen Projekt?

Beckmann: Nach einer Dokumentation über Helmut Schmidt 2008 machen wir jetzt eine Geschichte mit Udo Lindenberg.

SZ: Sie kümmern sich bevorzugt um Hamburger?

Beckmann: Ja, da bin ich zu Hause. Bei Lindenberg interessiert mich sein einziges Konzert in der DDR. Unsere Recherchen sind abgeschlossen, ab Januar wird gedreht und im Herbst 2010 voraussichtlich ausgestrahlt. Ich war damals bei diesem Konzert 1983 im Palast der Republik mit einem Kamerateam für die WDR-Reportage-Reihe Der weiße Fleck dabei. Wir haben Lindenbergs Reise begleitet, die Amerikaner marschierten gerade in Grenada ein, und Udo glaubte, mit diesem Auftritt in Ost-Berlin die Garantie für eine Tournee durch die DDR zu bekommen. Doch es blieb bei diesem einen Gig, aber zumindest einen kleinen Spalt in der Mauer hat Lindenberg damit öffnen können.

SZ: Auch Ihre Talkshow am Montag richtet sich immer stärker monothematisch aus. Warum?

Beckmann: Weil wir bewusst diese Schwerpunkte setzen. Wir wollen neben den klassischen Politikergesprächen wie zuletzt mit Guido Westerwelle oder Sigmar Gabriel relevante Themen aufarbeiten. So hatten wir am vergangenen Montag den "Klimagipfel", davor das Internet als prägende Kraft für Veränderungen in der Gesellschaft, davor Kinderarmut in Deutschland, davor ein Aids-Spezial. Am kommenden Montag folgt das Thema "Organspende - warten auf ein neues Leben".

SZ: Das hat allerdings einen persönlichen Hintergrund.

Beckmann: Mein Bruder wurde zweimal lungentransplantiert und ist nach der zweiten Operation im Januar diesen Jahres gestorben. Bei den vielen Gesprächen mit meinem Bruder und mit Angehörigen anderer Betroffener auf der Intensivstation ist mir klar geworden, dass wir da etwas machen müssen.

SZ: Sie klären auf, oder kritisieren Sie?

Beckmann: Wohl beides. Es ist ein ernstes Thema. In Deutschland warten 12000 Menschen auf ein Organ. Täglich sterben drei Patienten, die keines bekommen. In anderen Ländern, Österreich etwa oder Spanien, gilt die Widerspruchsregelung. Das heißt, man muss einen Ausweis besitzen, wenn man ausdrücklich nicht spenden will. Bei uns ist es umgekehrt, in Deutschland braucht man einen Spenderausweis, und nur 17 Prozent der Deutschen besitzen einen. Das ist zu wenig. Wir werden den neuen Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler in der Sendung haben, auch er will das Problem anpacken. Unser Ziel ist es, eine Debatte anzuschieben. Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es in den großen Unikliniken Deutschlands zu wenige Transplantationsbeauftragte gibt. Das sind Ärzte, die koordinieren, die wissen, welcher Patient welches Organ braucht und wer als Spender infrage kommt. Das richtet sich nicht gegen die Ärzte und Pfleger, vor denen habe ich durch die Erfahrung der vergangenen Jahre viel Respekt gewonnen.

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