Reaktionen auf Literaturnobelpreis für Mo Yan:"Über jeden Zweifel erhaben"

Die Spekulationen haben ein Ende, der Literaturnobelpreis 2012 geht an den Chinesen Mo Yan. Die Reaktionen aus seiner Heimat sind äußerst gemischt. Von internationalen Schriftstellerkollegen kommt dagegen höchstes Lob. Martin Walser hält Mo Yan gar für den "wichtigsten Schriftsteller unseres Zeitalters".

in Bildern.

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Reaktionen auf Literaturnobelpreis für Mo Yan:Mo Yan ist Literaturnobelpreisträger 2012

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Quelle: AFP

Die Spekulationen haben ein Ende, der Literaturnobelpreis 2012 geht an den Chinesen Mo Yan. Die Reaktionen aus seiner Heimat sind äußerst gemischt. Von internationalen Schriftstellerkollegen wie Martin Walser kommt dagegen höchstes Lob, dieser hält Mo Yan gar für den "wichtigsten Schriftsteller unseres Zeitalters". Die ersten Stellungnahmen zur Auszeichnung für Mo Yan in Bildern.

Mo Yan 

Der chinesische Schriftsteller Mo Yan selbst hat chinesischen Staatsmedien zufolge "überglücklich und erschrocken" auf die Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis reagiert. Die Nachrichtenagentur China News Service zitierte den Autor jedoch auch mit den Worten "Doch glaube ich nicht, dass der Preis etwas bedeutet. China hat viele großartige Schriftsteller, die auch dazu befähigt sind, von der Welt anerkannt zu werden".

Mo Yan, der in seinem alten Heimatdorf Gaomi in der ostchinesischen Provinz Shandong von der Ehrung erfuhr, schaltete offenbar anschließend sein Mobiltelefon ab und war deswegen nicht mehr zu erreichen. Normalerweise lebt er in Peking, wollte aber ein paar Wochen in Gaomi bei seinem Vater verbringen.

Im Bild: Mo Yan im Juli 2010

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Reaktionen auf Literaturnobelpreis für Mo Yan:Chinesisches Lob

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Quelle: AFP

Chinesisches Lob

In den Berichten über die Vergabe wurde der 57-Jährige als der "erste chinesische Bürger" beschrieben, der einen Nobelpreis erhalten habe. Tatsächlich haben allerdings der inhaftierte Bürgerrechtler Liu Xiaobo 2010 den Friedensnobelpreis und der in Frankreich lebende chinesische Schriftsteller Gao Xingjian 2000 bereits den Literaturnobelpreis bekommen. 1989 wurde auch der im Exil in Indien lebende Dalai Lama, das religiöse Oberhaupt der Tibeter, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Bei chinesischen Verlagen auf der Frankfurter Buchmesse hat die Vergabe des Literaturnobelpreises für den Autor Mo Yan Freude ausgelöst. "Wir sind sehr glücklich und stolz über diese Entscheidung", sagte Zeng Shaomei vom Verlag People's Literature Publishing House in Peking. An einem chinesischen Gemeinschaftsstand wurde auf einem großen Bildschirm ein Porträt des Schriftstellers mit zwei seiner Bücher gezeigt. Mo Yan war 2009 als Mitglied der offiziellen Delegation auf der Buchmesse, als China Ehrengast war.

Im Bild: Ein Poster zeigt Mo Yan bei der aktuell laufenden Frankfurter Buchmesse

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Reaktionen auf Literaturnobelpreis für Mo Yan:Chinesische Kritik

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Quelle: AFP

Chinesische Kritik

Der chinesische Autor und Bürgerrechtler Yu Jie übte hingegen scharfe Kritik. "Ich denke, der Nobelpreis sollte an niemanden verliehen werden, der Mao Zedong lobt, egal wie populär sein Werk ist", schrieb Yu Jie, der in diesem Jahr in die USA emigriert ist, auf der Webseite des internationalen Pen-Clubs. Er verwies darauf, dass Mo Yan bei der Frankfurter Buchmesse 2009 mit der offiziellen chinesischen Delegation 2009 den Saal verlassen habe, als regimekritische Autoren an einem Forum teilnehmen wollten. "Das hat gezeigt, dass seine erste Rolle nicht die eines unabhängigen Schriftstellers ist, sondern die eines Schreibers der chinesischen Kommunistischen Partei".

Yu Jie war im unabhängigen chinesischen Pen-Club aktiv, dem der inhaftierte Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo als Ehrenvorsitzender vorsteht. Hingegen ist Mo Yan der Vizevorsitzende der offiziellen chinesischen Schriftstellervereinigung.

Empört auf die Entscheidung in Stockholm reagierte auch der Direktor des Hongkonger Büros des unabhängigen chinesischen Pen-Clubs: "Mo Yan hat wirklich nichts zu sagen", schrieb Patrick Poon in einem Kommentar im Kurznachrichtendienst Twitter. "Seine Bücher können dazu benutzt werden, um sich das Hinterteil abzuwischen."

Im Bild: der Stand von Mo Yans deutschsprachigem Verlag bei der Frankfurter Buchmesse kurz nach Bekanntgabe des Preises

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Reaktionen auf Literaturnobelpreis für Mo Yan:Reaktion des deutschsprachigen Verlags von Mo Yan

Buchmesse Frankfurt - Feature zu Mo Yan

Quelle: dpa

Reaktion des deutschsprachigen Verlags von Mo Yan

Nach Ansicht seines deutschsprachigen Verlegers erklärt der diesjährige Literaturnobelpreisträger Mo Yan die neuere Geschichte Chinas so vielseitig wie kein anderer. "Mo Yan lässt in seinen Romanen tausend Stimmen zu Wort kommen, er spielt auf der ganz großen Orgel und trifft alle Töne von witzig und frech über burlesk und fantastisch bis berührend und tragisch", sagte der Gründer und Leiter des Züricher Unionsverlags, Lucien Leitess, kurz nach Bekanntwerden der Preisvergabe auf der Frankfurter Buchmesse.

Mo Yans in diesem Jahr auf Deutsch erschienenes Buch "Der Überdruss" etwa zeichne sehr anschaulich den Weg Chinas von 1940 bis heute nach. Die politische Botschaft des Nobelpreises sieht Leitess darin, "dass das Politische keine Rolle in der Literatur spielen darf". Mo Yan schildere die  chinesische Geschichte mitsamt der Katastrophen und Erfolge, aber "immer aus der Sicht der kleinen Leute".

Im Bild: Fotografen umlagern kurz nach Bekanntwerden der Ehrung den Stand auf der Frankfurter Buchmesse, an dem Bücher von Mo Yan ausgestellt sind

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Reaktionen auf Literaturnobelpreis für Mo Yan:Martin Walser

dpa-exklusiv - Martin Walser wird 85

Quelle: dpa

Martin Walser

Martin Walser hat die Auszeichnung des chinesischen Schriftstellers Mo Yan in höchsten Tönen begrüßt. "Es könnte für mich keinen glücklicheren Kandidaten geben, er ist über jeden Zweifel erhaben", sagte der 85-Jährige. "Ich halte ihn für den wichtigsten Schriftsteller unseres Zeitalters und platziere ihn gleich neben Faulkner." Er schätze Mo Yan sehr, weil er "seine Bücher für so ungeheuer reich und gut und vor allem auch schön halte", sagte Walser ("Ein fliehendes Pferd").

Der 57-Jährige habe Geschichtsverläufe wie kriegerische Auseinandersetzungen zwischen China und Japan so genau dargestellt und erzählt, wie er es sich für die deutsche Geschichte nur wünschen könne, sagte Walser. Dabei habe Mo Yan die chinesische Kriegspraxis ebenso grausam dargestellt wie die japanische. "Das ist doch sehr imponierend, dass seine Humanität über nationale Gereiztheiten triumphiert", sagte Walser.

Im Bild: Walser im März 2012

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Reaktionen auf Literaturnobelpreis für Mo Yan:Elke Heidenreich

Geschenke Tipps: Elke Heidenreich Literatur

Quelle: dpa

Elke Heidenreich

Die Autorin und Kritikerin Elke Heidenreich hält den Literaturnobelpreis für Mo Yan dagegen für eine politisch motivierte Entscheidung aus Stockholm. "Es ist ein politischer Preis. Ich war nicht überrascht", sagte sie auf der Frankfurter Buchmesse. Sie glaube nicht, dass Mo Yan ein politisch angepasster Autor sei.

Im Bild: Elke Heidenreich im April 2008

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Reaktionen auf Literaturnobelpreis für Mo Yan:Denis Scheck

Denis Scheck

Quelle: dapd

Denis Scheck

Der Literaturkritiker und Moderator des ARD-Magazins "Druckfrisch", Denis Scheck, meinte: "Am literarischen Firmament ist ein neuer Fixstern erschienen".

Im Bild: Denis Scheck im Oktober 2009

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/Reuters/ihe/pak/luk
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