Raubkunst:Schatten auf der Königin

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(Foto: Zemanek-Münster)

Bei Zemanek-Münster kommt ein Bronzekopf einer Königin aus Benin zur Auktion, der gleich zweimal als Raubkunst verdächtigt wurde: in der Kolonialzeit geraubt, wurde er in der NS-Zeit zwangsversteigert.

Von Jörg Häntzschel

Das Auktionshaus Zemanek-Münster war stolz: Kurz vor der Versteigerung dieses Bronzekopfs einer Königin aus Benin stellte es mit der Hilfe von Experten fest, dass er aus der Sammlung des jüdischen Verlegers Rudolf Mosse stammte und 1934 zwangsversteigert wurde. Die Einlieferer einigten sich mit den Nachfahren Mosses, der Auktion am 10. März stand nichts mehr im Wege.

Was sie zu erwähnen vergaßen, ist die andere, frühere Geschichte dieses Kopfs, die aus der Kolonialzeit. Wie, das ist die Frage, kam der Kopf aus Benin in Mosses Sammlung? Erst am Donnerstag, nachdem Aktivisten den Benin-Kopf schon als "loot in loot", als doppelte Raubkunst, bezeichnet hatten, veröffentlichte Zemanek-Münster dazu ein Statement. Das lange Schweigen dazu überrascht nicht nur angesichts der Kolonialismus-Debatte der letzten Monate, sondern auch weil Benin-Bronzen zu den bekanntesten Beispielen kolonialer Kunstbeute gehören. Weit über Tausend wurden bei einer Strafexpedition 1897 von britischen Soldaten geraubt. Ein großer Teil ging an das British Museum, der Rest wurde an die großen Museen Europas verkauft. Berlin besitzt über 500 von ihnen.

Allerdings stammen die wertvollen Stücke aus dem 16. Jahrhundert. Nach einer Analyse entstand der Kopf vor etwa 175 Jahren - also bevor das in Europa verteilte Benin-Raubgut eine kleine Industrie von Nachahmern entstehen ließ.

Für Zemanek-Münster, die den Wert wohl auch deshalb auf nur 40 000 Euro schätzen, ist so oder so wenig zu gewinnen. Je älter und wertvoller der Kopf ist, desto größer der Raubkunst-Verdacht. Je jünger er ist, desto größer die Zweifel an der Authentizität. Und weil Nigeria, auf dessen Gebiet das damalige Benin liegt, an Rückgabeforderungen kein Interesse hat, wird der Fall ungelöst bleiben.

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