Rapperin Iggy Azalea:Mit aller Macht

Iggy Azalea

Iggy Azalea bei einem Auftritt in Philadelphia im Mai 2014

(Foto: AP)

Sie ist keine Trophäe im Hintergrund: Iggy Azalea wurde bereits 2012 vom Rap-Magazin "XXL" in die Liste der zehn vielversprechendsten Newcomer aufgenommen - als erste Frau und als erster nicht amerikanischer Künstler überhaupt. Zu Recht.

Von Jens-Christian Rabe

Eines der erstaunlichsten Identitätsexperimente dieser Tage steht gerade auf dem ersten Platz der amerikanischen Billboard-Charts: die aus der australischen Provinz stammende Rapperin Amethyst Amelia Kelly alias Iggy Azalea (Foto: Universal). Dass ihr Hit "Fancy" heißt, also so viel wie "extravagant", passt dabei natürlich sehr gut.

Selbst wenn sie nicht aus der australischen Provinz käme, einem Ort übrigens mit dem fabelhaften Namen Mullumbimby, sondern - wie es sich im Highscore-Hip-Hop gehört - aus den USA, selbst dann wäre sie schon rein äußerlich die glatte Antithese zum typischen Rap-Star. Iggy Azalea ist nämlich eine sehr blonde, große weiße Frau, Typ Model, also eine, die bislang nur als Trophäe im Hintergrund von Rap-Videos lasziv herumeiern durfte.

Bis hierhin könnte das Ganze allerdings noch die zynische Idee eines überambitionierten jungen Musikmanagers sein, der gerade ein Seminar "Kreative Erweiterung des Geschäftsfelds" besucht hat. In Australien ist Rap schließlich nicht ganz so erfolgreich wie anderswo, da ist noch etwas zu holen, und mit einem hübschen weißen Model lassen sich womöglich noch ganz andere Menschen begeistern als das Rap-Stammpublikum. Aber das ist ja nur das Offensichtliche.

Kunstvolle Stop-and-go-Salven

Weiter geht es damit, dass Iggy Azalea vom amerikanischen Rap-Magazin XXL 2012 in die Liste der zehn vielversprechendsten Newcomer aufgenommen wurde. Als erste Frau und als erster nicht-amerikanischer Künstler überhaupt. Als reine Geschäftsidee landet man dort nicht, da ist der Rap-Betrieb vergleichsweise ungnädig. Der Grund dafür waren zwei Mixtapes, "Ignorant Art" (2011) und "TrapGold" (2011), und die Single "Pu$$y", die zweifellos eine Künstlerin und Rapperin zeigten, die es sehr ernst meint und genau weiß, was sie sich so fein und mit aller Macht ausgedacht hat.

Eine somnambul vorwärtsstolpernde Variante des Hip-Hop präsentierte sie, die Raps waren kunstvolle Stop-and-go-Salven, keine Mäuschen-Mimikry, und drumherum eine Art Glamour-Trash-Welt voller selbstbewusster Frauen. So geht, dachte man sich, gute moderne Popmusik. Und denkt es immer noch, wenn man jetzt "Fancy" und ihr erstes Album "The New Classic" hört und einem die Zeile "Work, work, work - working on my shiiit" nicht aus dem Kopf geht. Die "unerbittliche Merkwürdigkeit" dieses Projekts, an der sich der Rap-Platzwart der New York Times so stieß, die finden wir hier eigentlich gerade richtig.

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