Rapper Kool Savas:Rückkehr des Königs

Kool Savas

Zurück mit dem Album "Märtyrer": Kool Savas.

(Foto: Katja Kuhl)

"Eigentlich hätte es mir wunderbar gehen sollen": Mehr als ein Jahr nach seinem Rückzug feiert Kool Savas, selbsternannter "King of Rap", sein Comeback. Auf dem Album "Märtyrer" wettert er gegen die Zustände in der deutschen Rapszene.

Von Toni Lukic

Der Refrain aus dem Titelsong zu Kool Savas' neuem Album "Märtyrer" klingt unmissverständlich: "Sie sagen: bring' dich mal um. Töte dich, tu's für uns, tu's für die Kunst". Man könnte diese drastischen Worte als typische Überzeichnung eines Genres betiteln, das mit Überteibungen noch nie gegeizt hat. Trotzdem ist diese Zeile mehr als nur pathetischer Sprech für ein Rapper-Comeback, das mit dem Albumrelease am 14. November seinen Lauf nimmt.

Kool Savas kann nicht als irgendein Künstler betrachtet werden, schließlich wird er immer noch an seinem inoffiziellen Titel "King of Rap" gemessen. Nicht wenige bezeichnen ihn weiterhin als besten Rapper, den es hierzulande gibt. Dennoch ist in den letzten Jahren der Unmut über Savas' Position in der Szene gewachsen. Kann jemand an der Spitze von Deutschrap stehen, der technisch vielleicht immer noch der Beste, in den letzten Jahren aber kaum Impulse für die Weiterentwicklung der Rapmusik geliefert hat?

Diese Frage zeigt die Situation, in der sich deutscher Hip Hop derzeit befindet. 2014 werden voraussichtlich sechs Rapalben mit Platin ausgezeichnet. Das zeigt, wie sich Rap vom aufmüpfigen Stiefkind, das gegen das Establishment protestierte, zu einem der wichtigsten Musikgenres entwickelt hat. In erster Linie hat er das durch die Öffnung gegenüber anderen Einflüssen geschafft. Ein stimmiges Konzept und qualitativ hochwertiger Sound sind die Parameter von Erfolg, weniger die Tatsache, wie viele Silben in einer Zeile verpackt wurden.

Savas aber ist purer Rap geblieben, und in den Augen vieler damit nicht oldschool, sondern schlicht old. Savas' Rapsozialisation stammt aus einer Zeit, in der er als Untergrundrapper gegen alles schoss, das seiner Meinung nach die Rapkunst verriet. "Für mich war es so: Ich bin besser als Fettes Brot, ich bin besser als die Fantastischen Vier. Ich bin der King of Rap. Im Vergleich zu denen habe ich meiner Meinung nach echten Rap gemacht", sagt der mittlerweile 39-Jährige.

Seine Battlerap-Texte, in denen er imaginäre aber auch konkrete Gegner angriff, mit einer bis heute wohl unerreichten Reimtechnik, galten jahrelang als die besten der Szene. Auch kommerziell war Kool Savas sehr erfolgreich. Er versuchte, seine Vorstellung von Hip Hop auf eine höhere Ebene zu transzendieren, was mal besser, mal schlechter klappte. Das Rap-Epos "Aura" (2011), das sich 100.000 Mal verkaufte, klang eher nach Filmmusik als nach Undergroundtape. Während die Szene ihm damals noch den Goldstatus gönnte, gab es an seinem nächsten Projekt jedoch scharfe Kritik.

"Mein Grundgedanke ist immer Hip Hop"

Gemeinsam mit Xavier Naidoo formte er das Duo Xavas, dass zwischen Soul- und Rap-Spagat auch mit der Gleichstellung von Kinderschändern und Homosexuellen irritierte. "Gespaltene Persönlichkeit" wurde trotzdem mit Platin ausgezeichnet, fiel aber bei den meisten Kritikern und Rapfans durch. Einfaches Urteil: Das war nicht mehr der Savas von früher.

Im Juni 2013 machte plötzlich die Meldung die Runde, dass Kool Savas das Land verlassen habe. Spätestens als er seinen Facebook- und Twitter-Account deaktivierte, war die Aufregung groß. Eine große deutsche Boulevard-Zeitung schürte Gerüchte, Savas habe Aids. Dabei machte er nur für einige Wochen in Kanada Urlaub, um sich zurückzuziehen. "In dieser Phase war ich kommerziell sehr erfolgreich," erzählt er "eigentlich hätte es mir wunderbar gehen sollen, aber es ging mir einfach nicht gut. Die Leere in mir konnte ich nicht mit einem neuen Erfolg auffüllen."

Sie resultierte daraus, dass er sich für die Musik augefopfert hatte und lange kaum soziale Kontakte pflegen konnte. Er habe viel länger als andere gebraucht, eine Familie zu gründen, sagt er heute. Diese Erkenntnis sorgte auch dafür, dass er sich aus den sozialen Medien zurückzog. "Ich war durch Facebook und Twitter abgelenkt von den Dingen, die wirklich wichtig sind. Habe ständig geschaut, wie und was die Leute kommentieren. Wenn du dich darauf einlässt, bekommst du automatisch das Gefühl, dich vor anderen rechtfertigen zu müssen."

Der alte Rapper und die Jugend

Mehr als ein Jahr nach seinem kompletten Rückzug aus der Öffentlichkeit kehrt Savas nun mit aufgeräumtem Privatleben und seinem vierten Album zurück. Anders als bei seinen vorherigen Projekten besinnt er sich dieses Mal fast komplett auf harten Battlerap. "Das Album ist sehr rapkritisch," sagt er. Savas wettert gegen die Zustände einer Szene, die sich gerade selber feiert, aber seiner Meinung nach Werte wie Loyalität und Respekt verloren hat. "Mein Grundgedanke ist immer Hip Hop. Den anderen kann man das nicht vorwerfen, weil die 20 Jahre jünger sind als ich. Die sind mit Facebook und Selbstdarstellung aufgewachsen. Likes zu bekommen, ist für sie wichtiger als in einer bestimmten Community respektiert zu werden."

Einige werden solche Aussagen als zynischen Kommentar eines alternden Rappers abstempeln, der sich in der Jugendkultur Hip Hop nicht mehr zurechtfindet. Aber hatte die Szene nicht gefordert, den rappenden Savas zu bekommen? Jenen Musiker, der immer alles kompromisslos für Rap gegeben hat? Ob Kool Savas in dieser neuen Zeit noch gehört wird, muss sich nun zeigen.

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