Radar:Für die Dessertafel

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Neumeister versteigert alte Kunst. Die Messe Tresor Contemporary Craft propagiert zeitgenössisches Kunsthandwerk.

Von Dorothea Baumer

In seinem packenden Realismus ist das zu Beginn des 16. Jahrhunderts wohl im Umkreis des flämischen Malers Quinten Massys entstandene Brustbild eines Mannes mit feistem Kahlschädel eines der ungewöhnlichsten Gemälde in Neumeisters Altkunst-Auktion am 27. September. Wiewohl in der Vergangenheit mehrfach Pieter Bruegel zugeschrieben, ist das ausgesprochene Liebhaberstück lediglich mit 6000 bis 8000 Euro angesetzt. Die Signatur des schwäbischen Barockmalers Johann Heiss trägt eine "Allegorie des Frühlings", angeboten für 15 000 Euro. Ein eigenhändiges Werk des lombardischen Klassizisten Andrea Appiani wäre mit dem Rundbild einer "Apotheose der Psyche" zu erwerben, ein Öl auf Papier, das mindestens 30 000 Euro kosten soll. Schönste Gelegenheit reichlich weibliche Akte im Licht südlicher Landschaft unterzubringen bot dem Orientalisten und Gothaischen Hofmaler Paul Emil Jakobs 1839 das Thema "Sklavenmarkt", bei dem die Erwartungen bis 60 000 Euro reichen. Auch eine typische holländische Strassenszene von Willem Koekkoek ist in dieser Höhe geschätzt. Beim Kunstgewerbe kommen Franz Anton Bustellis ursprünglich für die Desserttafel des Münchner Hofes um 1760 entworfenen sechzehn Nymphenburger Porzellanfigurinen der Commedia dell'Arte zum Aufruf (14 000).

Eine vier Meter hohe Keramikskulptur des britischen Künstlers Paul March mit der Anmutung eines prähistorischen Fundstücks ist eines der spektakulären Objekte, mit dem eine neue internationale Messe für avanciertes zeitgenössisches Kunsthandwerk um Aufmerksamkeit heischt: die bis 24. September laufende Tresor Contemporary Craft in Basel. 32 ausgewählte Spezialisten - darunter Mizen aus Paris mit Unikaten japanischer Keramik- und Lackarbeiten, die Münchner Galerie Biro mit innovativem Autorenschmuck oder die Galerie Ting-Yin, die mit einer Schau von Blanc-de-Chine-Porzellan glänzt - propagieren in ambitionierten Präsentationen singuläre Formen des Kunsthandwerks als die Sammelobjekte der Zukunft. Ihr freundliches Motto: "Say hello to craft".

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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