Projekt:Ein Faible für Trash

Projekt: Kitti & Joy nennen sich die beiden Münchner Künstlerinnen Kristina Schmidt (links) und Johanna Strobel, deren Projekt mit 12 000 Euro gefördert wird.

Kitti & Joy nennen sich die beiden Münchner Künstlerinnen Kristina Schmidt (links) und Johanna Strobel, deren Projekt mit 12 000 Euro gefördert wird.

(Foto: Dominik Bindl)

Das Duo Kitti & Joy erhält den Kunstpreis "zwei:eins". Gefördert wird die Konzeption eines Magazins

Von Jürgen Moises

Ein Mangel herrscht an Kunstzeitschriften ja nicht unbedingt. Es gibt Magazine wie das Journal für Kunstgeschichte, Eikon oder Texte zur Kunst, die sich vorwiegend an Kunsthistoriker richten, und Zeitschriften wie Art, Monopol oder Artcollector, die ein Fachpublikum wie Sammler oder auch den gewöhnlichen Museumsgänger anvisieren. Darüber hinaus kamen und kommen immer mal wieder sogenannte Zines oder Künstlerpublikationen heraus, wie sie Hubert Kretschmer schon seit vielen Jahren in München sammelt. Das sind von Künstlern selbst angefertigte Magazine, die, oft einfach nur fotokopiert, die eigenen ästhetischen Vorstellungen vermitteln sollen oder teilweise auch die Tagespresse persiflieren. Was es aber tatsächlich nicht gibt, zumindest fällt einem kein deutschsprachiges Beispiel ein, das ist ein Magazin, das sich direkt an junge Künstler richtet und ihnen das Künstlersein erklärt.

Wie funktioniert der Kunstmarkt und wie macht man darin Karriere? Muss ich jeden Abend auf eine Eröffnung gehen? Warum wird meine Arbeit nicht gekauft, die von XY aber schon? Liegt es daran, dass ich mich als Künstler irgendwie falsch anziehe? So etwas könnte zum Beispiel in so einer Zeitschrift stehen, und sie könnte sich, damit sie jemand liest, an Boulevard- und Lifestyle-Magazinen orientieren. Das könnte bedeuten, mit klassischen Rubriken wie Horoskop, Home-Story, Kleidungstipps oder "Dos und Dont's bei Vernissagen" zu operieren.

Ungefähr so stellen sich Kitti & Joy ihr geplantes Lifestyle-Magazin für junge Künstler vor. Dass es so etwas braucht, davon sind die beiden jungen Frauen nicht nur selbst überzeugt, sondern auch die mehr als 20-köpfige Jury des Preises "zwei:eins". An diesem Mittwochabend bekommt das Münchner Künstlerinnen-Duo den Preis in der Historischen Aula der Akademie der Bildenden Künste verliehen.

Kitti & Joy alias Kristina Schmidt und Johanna Strobel, deren Künstlernamen selbst schon ein bisschen wie von einem Frauenmagazin entliehen klingen, sind inzwischen die dritten Preisträger von "zwei:eins". Der mit 12 000 Euro dotierte Preis wird von SoNet, dem Sozialen Netzwerk München e.V., gestiftet und von einem breiten Netzwerk getragen, zu dem Vertreter namhafter Institutionen wie der Villa Stuck, dem Lenbachhaus, der Akademie der Künste, dem Kunstverein München oder der Fraunhofer-Gesellschaft zählen. Die verschiedenen Netzwerkmitglieder sind es bis jetzt auch, die Künstlerinnen und Künstler für den Preis nominieren und dann bei einer demokratischen Abstimmung den Gewinner wählen. In naher Zukunft ist eine öffentliche Ausschreibung des Preises geplant, der sich von fast allen anderen etwa 50 Münchner Kunstpreisen unterscheidet, weil er nicht für eine fertige Arbeit oder ein Lebenswerk, sondern eine Projektidee vergeben wird.

Für die Realisierung haben die Künstler 18 Monate Zeit. Und sie sind dabei nicht alleine, denn zu den Auflagen des Preises gehört, dass sie mit einem Partner aus einem außerkünstlerischen Feld oder einer wissenschaftlichen Disziplin kooperieren. Bei der ersten Preisträgerin Judith Egger war das der Biophysiker Dieter Braun, bei Alexis Dworsky war es der Parkour-Sportler Andreas Ruby und bei Kitti & Joy wird es nun Mon Muellerschoen sein. Muellerschoen kommt als eine der renommiertesten Kunstmanagerinnen Deutschlands nicht aus einem völlig anderen Metier, aber als gelernte Kunsthistorikerin, die private Sammler genauso wie internationale Konzerne bei Themen wie Ankäufen, Organisation oder Renditen berät, bringt sie zumindest einen anderen, am Markt orientierteren, betriebswirtschaftlicheren Insiderblick mit.

Zu den Sammlungen, die Mon Muellerschoen betreut, gehört auch die von Hubert Burda Media. Das Verlagshaus hat bekanntlich Boulevard-Zeitschriften wie die Bunte im Programm, und dort soll, so die Idee, das fertige Magazin bei einer performativen Release-Party dann auch vorgestellt werden. Über die genaue Auflage oder die geplante Zahl der Ausgaben können Kitti & Joy noch nichts sagen. Man darf jedenfalls gespannt sein, wie ernst oder investigativ das Ganze werden wird. Mit den Mitteln der Massenmedien und Populärkultur haben die diplomierten Meisterschülerinnen von Gregor Hildebrandt, die seit 2014 als Duo zusammenarbeiten, schon auf vielfache Weise gearbeitet. Das geschah meist mit Humor, einem Faible für Trash und Übersteigerung, und mit dem Ziel, der oberflächlichen Mainstreamkultur auf diese Weise ein paar Wahrheiten abzutrotzen. Mal sehen, ob ihnen das auch beim sich gerne elitär gebenden Kunstmarkt gelingt.

Preisverleihung zwei:eins, Mittwoch, 29. November, 19 Uhr, Akademie der Bildenden Künste, Akademiestraße 2-4

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