Porträt:Action muss sein

Eine Begegnung mit der deutschen Regisseurin Anna Foerster, die in Hollywood Karriere macht und von J.J. Abrams gefördert wird.

Von Jürgen Schmieder

Auf der Homepage der deutschen Regisseurin Anna Foerster ist nur das linke Auge der Mona Lisa zu sehen, sonst nichts. "Das war als Augenzwinkern gedacht, weil in Hollywood jetzt ständig über die weibliche Perspektive gesprochen wird", sagt Foerster beim Treffen in Los Angeles. Denn natürlich wird auch sie ständig darauf angesprochen, wie toll das doch sei, sich als Frau im amerikanischen Showgeschäft durchzusetzen.

Vor einigen Tagen ist ihr Actionfilm "Underworld: Blood Wars" angelaufen, ihr Debüt als Kinoregisseurin. Im Blockbuster- und Fortsetzungsbetrieb von Hollywood bildet der fünfte Teil der Reihe über die Vampirfrau Selene (Kate Beckinsale), die Jagd auf Werwölfe macht, eine angenehme Ausnahme. Denn Foersters Film macht Spaß, obwohl es sich um einen fünften Teil handelt. Was vor allem daran liegt, dass sie die klassischen Actionelemente und Softerotikanforderungen des Genres zwar gut beherrscht, aber nicht nur auf sie allein setzt. Stattdessen ist sie tatsächlich daran interessiert, das Geballer und Gehopse in eine richtige Geschichte einzubetten und ihren Charakteren eine Hintergrundgeschichte zu geben. Foerster hat das Krawall-Franchise nach drei Männern auf dem Regiestuhl übernommen und ihm ein dringend notwendiges künstlerisches Update verpasst.

Als deutsche Frau galt man in Hollywood bis vor Kurzem als exotisch, aber mittlerweile wird die 45-Jährige als heißes Talent gehandelt, ihr Inszenierungsstil ist gefragt. Erleichtert hat diesen Fortschritt natürlich der Umstand, dass die Produzenten in Los Angeles durch die vielen Diversitätsdebatten der vergangenen Jahre umdenken und nach Jahrzehnten des Männerklüngels auf der Suche nach spannenden Filmemacherinnen sind.

Vor "Underworld" inszenierte Foerster vier Folgen der Fantasy-Serie "Outlander" für den amerikanischen Pay-TV-Sender Starz. Ronald D. Moore, der Erfinder dieser Zeitreise-Geschichte über eine junge Frau, die ins 18. Jahrhundert zurückkatapultiert wird, holte sie in sein Team, in dem er viel Wert auf Drehbuchautorinnen und Regisseurinnen legt. Wobei es Foerster wichtig ist, dass trotzdem "stets die Handlung und die Figuren und nicht das Geschlecht der Verantwortlichen hinter der Kamera im Vordergrund stehen. Es ist richtig, daraus ein Thema zu machen, aber es sollte nichts Besonderes mehr sein. Die weibliche Perspektive sollte so selbstverständlich sein wie der männliche Blickwinkel."

Porträt: Die Regisseurin Anna Förster am Set ihres Films "Underworld: Blood Wars".

Die Regisseurin Anna Förster am Set ihres Films "Underworld: Blood Wars".

(Foto: Larry Horricks)

Foerster hat schon viel Erfahrung mit der Herstellung von opulenten Filmbildern sammeln können, was sie Roland Emmerich zu verdanken hat, ihrem wichtigsten Förderer, der immer wieder deutsche Filmemacher in seine Crew holt und fit fürs große US-Geschäft macht.

Ihr neuer Mentor ist der "Star Wars"-Mann und "Lost"-Erfinder J.J. Abrams

Sie lernte Emmerich während ihres Kamerastudiums an der Filmakademie in Ludwigsburg kennen, und er engagierte sie zunächst als Kamerafrau und Regisseurin seines zweiten Drehteams, das Zusatzmaterial für die Hauptcrew liefert. In dieser Funktion arbeitete sie mit ihm zum Beispiel an "The Day After Tomorrow" und "10.000 B.C.". Später rückte sie auf den ersten Kameraposten auf, der in Amerika etwas edler als im Deutschen "director of photography" heißt. Als Chef-Kamerafrau drehte sie mit Emmerich "Anonymus" und "White House Down". Über ihren Mentor sagt sie: "Er hat ohne Rücksicht auf Alter oder Geschlecht erkannt, wann jemand bereit ist für eine bestimmte Aufgabe. Wofür ich ihn aber ganz besonders bewundere, das ist der Mut zu großen Bildern."

Von 2009 an hat sie diese großen Bilder dann auch selbst inszeniert, zunächst auf dem kleinen Bildschirm bei Fernsehserien wie "Criminal Minds", "Unforgettable" und eben "Outlander". Und jetzt mit "Underworld" die erste Kinoarbeit. "Ich habe einen Produzenten getroffen, dem meine "Outlander"-Folgen gefallen haben. Kurz vor dem Meeting hat er bei der Datenbank IMDb gesehen, dass ich auch Erfahrung mit visuellen Effekten, Kameraführung und als zweite Regisseurin beim Film habe. Er hat gefragt, ob ich "Underworld" kennen würde. Plötzlich saßen weitere Menschen im Raum, wir haben über eine Zusammenarbeit gesprochen - das war's."

So schnell geht das manchmal in Hollywood, wenn die Verantwortlichen den dringend notwendigen Wechsel der Perspektive auf dem Silbertablett präsentiert bekommen. Die Filmindustrie bemüht sich derzeit redlich um Vielfalt und stellt das auch öffentlichkeitswirksam zur Schau. Foerster allerdings möchte nun keinesfalls als Quotenfrau etabliert werden. "Das fände ich sehr schade. Ich entwickle gerade einen psychologischen Thriller, der Protagonist ist männlich. Es wäre gefährlich, wenn es hinterher heißen würde, dass sich eine Regisseurin nicht in diese Figur hineinfühlen könne."

Und von wem hat sie diesen Regieauftrag bekommen? Foerster ist mittlerweile auch J. J. Abrams aufgefallen, der zu einem der wichtigsten Strippenzieher in Hollywood geworden ist. Abrams hat die Serien "Lost" und "Alias" erfunden, er hat als Regisseur "Mission Impossible", "Star Trek" und "Star Wars" reanimiert, und er hat als Produzent ein besonderes Händchen für neue Talente. Sein Kreativteam aus der alten Serienzeit hat er an die Spitze der Blockbuster-Industrie gehievt und für seinen Thriller "Lou" hat er in der vergangenen Woche Anna Foerster engagiert. Und wer weiß, vielleicht kommt man in Hollywood eines Tages ja auch mal auf die Idee, eine Frau auf den "Star Wars"-Regiestuhl zu setzen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: