Popkolumne:Rumpelkammerrhumba

Die Popereignisse der Woche. Mit Cro, Boozoo Bajou, Jack Johnson und dem seltsamen Comeback von Bill Withers.

Von Max Fellmann

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Die Pandamaske? Klar, albern. Und die Idee, aus "Rap" und "Pop" das Wort "Raop" zusammenzukleben? Reden wir lieber nicht darüber. Aber das sind Kleinigkeiten, zum Glück macht Carlo Waibel unter dem Namen Cro vor allem Musik. Und da ist er absolut geschmackssicher: Seine Beats liegen gut in der Mitte zwischen nüchterner Elektronik und warmen Old school-Klängen, ab und zu federn ein paar leichte Reggae-Samples durch, alles sehr ausgeruht, lässig, oft an der Grenze zum Easy Listening. Dazu dieser sympathische Singsang, der Cro von anderen Rappern abhebt, weder so aggressiv wie die Berliner noch so dauerwütend wie sein Kollege Casper. Cro summbrummt eher wie einer, der die Welt von der Hängematte aus beobachtet. Auf seinem dritten Album "Tru." (Chimperator) staunt er ein bisschen über seinen Erfolg, seit ein paar Jahren landet er ja mit jedem Räuspern auf Platz eins der Charts. Gleich im ersten Song erklärt er, "Ich fülle Hallen im Akkord / jeden Abend ein Rekord". Thematisch bleibt "Tru." eher überschaubar, ein bisschen Selbstfindung, ein bisschen Stress mit Frauen (oder mit deren Abwesenheit). Aber die Musik rollt immer ideal: "Todas" ist gute Laune mit Carnival-Schwung und Wyclef Jean als Gast. "No. 105" könnte mit Bollerbeat und Barpiano auch aus den Neunzigern sein. "Slow Down" klingt dagegen modern und setzt auf die Hamburger Sängerin Ace Tee als Überraschung. Vermutlich wird Cro mit diesem Album und allen Singles wieder auf Platz eins der Charts landen - und da sollten die Charts sich freuen.

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Es müsste hier eigentlich dringend regelmäßig das Duo Boozoo Bajou gelobt und gepriesen werden. Die beiden Nürnberger waren die ersten (oder überhaupt einzigen?), die es schafften, die Downbeat-Entspanntheit von Kruder & Dorfmeister mit dem Rumpelkammer-Rhumba von Tom Waits zu verbinden, ihr Debüt "Satta" von 2001 ist ein zeitloses Meisterwerk, es folgten weitere Alben und mehrere DJ-Kompilationen, alle auf hohem Niveau. Jetzt veröffentlichen die beiden die Compilation "Shimmer" (Stereo Deluxe), der Unterschied zu früher: Auf Mix-Alben wie "Juke Joint" und "Juke Joint II" standen disparate Songs nebeneinander, die DJs entdeckten überraschende Verbindungen, Softrock neben Trip Hop neben Techno - der neue Mix setzt dagegen auf Homogenität. Minimal Tracks von Max Loderbauer, Burnt Friedman oder The Notwist, dazwischen klöppelt Ricardo Villalobos rum, alles fließt ineinander, fast ein bisschen zu glatt. Einzige Überraschung ist der Abschluss, "Suite No.1: Petro", ein zartes Gitarrenstück des Haitianers Frantz Casseus. Aber nicht falsch verstehen: "Shimmer" ist ein schönes Album. Auf dem Cover liegt schon der erste Schnee - und für die langen dunklen Abende könnte das der perfekte Soundtrack sein.

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Wenn der Hawaiianer Jack Johnson nicht gerade beim Wellenreiten ist, zupft er auf seiner Gitarre rum, spielt Songs zwischen Folk, Reggae und Club Med, singt mit warmer Stimme kleine Geschichten über das Meer, seine Frau und den Sommer. Seit 17 Jahren geht das schon so. Meistens sehr schön, sehr stimmungsvoll, manchmal ein wenig seicht, je nach Tagesform oder Tidenhub. Mit seinem neuen Album "All The Light Above It Too" (Universal) reitet er, um im Bild zu bleiben, weiter seine Lieblingswelle (ein Thrash-Metal-Album wäre auch eher irritierend gewesen). Wer ihn für einen Lagerfeuerfuzzi hält, wird sein Urteil nicht revidieren müssen, und selbst als Fan hätte man nichts gegen ein kleines bisschen Veränderung oder Experiment gehabt. Aber Johnson macht nun mal das, was er macht, traumwandlerisch gut. Anders gesagt: Es ist leicht, über kitschige Sonnenuntergänge am Meer zu schimpfen, aber wenn dann die Wellen glitzern und der Horizont sich tiefrot färbt, freut sich eben doch jeder.

Jetzt würde man gern noch jubeln, vielleicht sogar etwas tänzeln: Es gibt eine neue Aufnahme von Bill Withers. 1985 hat sich der legendäre Soulsänger von der Musik verabschiedet, um als Prediger zu arbeiten und zu leben, und bis auf einen kleinen Gastauftritt vor 13 Jahren ist er wirklich nie mehr zurückgekommen. Und jetzt das: Für ein Tributalbum, das dem Country-Sänger Little Jimmy Dickens gewidmet ist, hat Withers dessen Song "(You've Been Quite a Doll) Raggedy Ann" nachge-, hm, nein, nicht gesungen, nur gesprochen, leider. Dazu läuft ein leiser Drumcomputer, ein paar Geigen schmieren etwas zusammenhangslos herum. Das Ganze klingt wie eine gar nicht mal besonders gute Collage. Wie es zu dieser Aufnahme kommen konnte, muss sich noch klären. Fast scheint es, als hätte Withers einfach nur den Text vorgelesen, und irgendjemand geistesgegenwärtig sein iPhone auf Aufnahme geschaltet. Schade.

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