Pop:Zurück zu den Quellen

Lesezeit: 2 min

Bis zu ihrem Auftritt am Sonntag werden "Ni Sala" die Instrumente schon irgendwie von der Decke bekommen - hoffentlich. (Foto: Luis Zeno Kuhn)

Beim Steinberg-Open-Air und beim Bluesfest auf dem Rotkreuzplatz wird Musikgeschichte lebendig

Von Dirk Wagner

Am 18. September 1970 starb Jimi Hendrix. 20 Jahre und einen Tag später ließ der Gitarrist Marc Dorendorf jene Rocklegende im Nachtwerk auferstehen. Denn Dorendorf kopierte die Musik von Hendrix so klanggenau, als würde dieser ein Konzert lang wieder unter uns weilen. Seitdem wiederholte Dorendorf seine Wandlung in Jimi Hendrix jedes Jahr am 19. September. Weil sein Schlagzeuger mittlerweile aber in den USA lebt, nutzt Dorendorf dessen kurzen Besuch, um mit ihm heuer einen Monat früher, also am 19. August, beim Steinberg-Open-Air seine Hendrix-Show zu spielen. Von der Gage für die erste Hendrix-Show ließ er sich übrigens in London von Pete Cornish ein Effekt-Board bauen, wie er es zuvor auf einem Eric-Clapton-Konzert entdeckt hatte. Cornish arbeitete da schon für Größen wie Clapton, Mark Knopfler oder David Gilmore, dessen Gitarre Dorendorf schließlich während eines Soundchecks auf der Bühne von Pink Floyd in Earls Court spielen durfte. Seitdem covert Dorendorf auch regelmäßig die Musik von Pink Floyd.

Am Sonntagabend schließt er indes das jährliche Blues-Festival auf dem Rotkreuzplatz mit einer Blues-Show ab, in der auch Andi Rau, der Sohn des legendären Konzertveranstalters Fritz Rau, und Petra Leu einen Gastauftritt haben. Pink Floyd wird da bestenfalls in einem Blues-Klassiker wie "I'm A King Bee" abgeholt. Einer Nummer, die Pink Floyd anfangs ebenso im Repertoire hatte wie die jungen Rolling Stones oder die jungen Kinks. Während jene Stars einer britischen Rockerweckung in den Sechzigerjahren vom US-amerikanischen Blues ausgehend bald schon unterschiedliche, ganz eigene Sounds kreierten, besinnen sich heute noch junge Musiker trotz ihrer eigenen Post-Punk-, Techno- und Hip-Hop-Sozialisationen auf mögliche Blues-Ursprünge.

Die ebenfalls auf dem Bluesfestival spielenden The Charles aus München zum Beispiel, die schon bei "Rock im Park" das Vorprogramm der Babyshambles gestalten durften. Weil ihr ursprünglicher Sänger die Gruppe kurz vor einem Auftritt im Muffatwerk verlassen hatte, fragte die Band damals den in München gerade auflebenden Singer-Songwriter Darcy. Als Kind war der schon im Musical "Oliver Twist" in der Londoner Royal Albert Hall aufgetreten. Später, so hatte Darcy es einmal ausgedrückt, hätte ihm aber der Sänger Robert Plant von Led Zeppelin irgendwie mehr zu sagen gehabt als sein Gesangslehrer. Darcy, der bis dahin in der klassischen Musik beheimatet war, entdeckte für sich die Rockmusik, wie er sie nun auch als Sänger der Charles auslebt. Denn das war im Januar 2015 die Bedingung für seinen Einstieg: "Wenn ich euch den Sänger mache, bringe ich auch ein paar eigene Songs mit."

Mittlerweile ist die Band mit dem selbstbewussten Sänger längst kein Geheimtipp mehr. Ihre Shows zählen zu den wildesten in dieser Stadt. Dasselbe gilt auch für das Blues-Rock-Quintett Ni Sala, das schon darum nie ein Geheimtipp werden konnte, weil es bereits nach seinem ersten öffentlichen Auftritt zu einem ProSieben-Dreh verpflichtet wurde. Auch sie repräsentieren beim diesjährigen Bluesfest auf dem Rotkreuzplatz einen neuen Blues-Zugang der jüngeren Musiker, die sich hier mit alten, erfahrenen Musikern wie der Hee Haw Pickin' Band messen.

Seit mehr als 35 Jahren galoppieren diese durch die deutsche Country- und Western-Szene. 2014 erhielt die Band dafür den Bronzepokal beim Pullman City Country Music Award im Bereich Traditional Country. Trotzdem umfasst ihr Programm aber auch andere Spielarten der Countrymusik wie zum Beispiel den Western Swing. Um 14 Uhr eröffnen sie damit das Fest, das der Hide Out Blues Club mit bewährter Unterstützung von Bang Bang Concerts, dem Kulturreferat und dem Bezirksausschuss 9 auch heuer wieder erfrischend vielseitig gestaltet. Seit mehr als 25 Jahren überzeugt dieses Festival schließlich bei freiem Eintritt. Sollte es am Sonntag, 20. August, regnen, gibt es einen Ausweichtermin am 27. August.

Steinberg-Open-Air, Marc Dorendorf plays Hendrix, Samstag, 19. August, Steinberg, Dammstraße, 16.30 Uhr, Infos: www.openair-steinberg.de; Bluesfest auf dem Rotkreuzplatz, Sonntag, 20. August, 14 Uhr, Wetter- und Programminfos: www.hideout-muenchen.de

© SZ vom 19.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: