Pop:Unheimliche Untertöne

Das eindrucksvolle neue Album des amerikanischen Indiepop-Trios "Son Lux" und die Antwort auf die Frage, wie eigentlich wehmütige Miesepetrigkeit klingt.

Von Annett Scheffel

Jungsein ist Glück und Unglück zugleich, heißt es auf der neuen Platte des amerikanischen Trios Son Lux. Dabei geht es Songwriter und Sänger Ryan Lott allerdings weniger um die Jugend, um die sich die Popmusik seit ihren Anfängen dreht, als um die existenzielle Schlitterbahn von Geburt bis Tod. Beides hat Lott im Jahr der Trump-Wahl erlebt (er wurde zum ersten Mal Vater; ein enger Freund starb an Krebs). Auf "Brighter Wounds" (City Slang) leuchtet er nun seine von allerlei Zukunftsängsten befallenen Gedanken aus und lässt sie mit einem tollen, artifiziellen Hybridsound kollidieren: R'n'B-Sequenzen treffen auf spärliche, kammermusikalische Arrangements, Stop-and-go-Polyrhythmen, Streicher und hauchdünne Synthie-Flächen. Soundschichten, die zerbrechlich wirken, obwohl sie von einer raffiniert-wuchtigen Dynamik leben. Dazwischen schiebt Lott seinen zittrigen, kunstvoll leidenden Vibratogesang. Um Politik geht es in seinen Texten nie, und doch sie ist immer da - als unheimlicher Unterton: "You're lucky to be young, with future in your form. Unlucky to be young, to start so near the end", richtet er sich an seinen Sohn - dein Jungsein ist ein Glück, weil die Zukunft noch formbar ist, und ein Unglück, wenn man so nah am Ende geboren wird. Ziemlich pessimistisch der Mann? Womöglich. Andererseits trifft er mit dieser Mischung aus Wehmut, Miesepetrigkeit und ernsthafter Besorgnis die gegenwärtige Stimmung vieler junger Menschen (und Eltern) doch sehr gut.

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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