Pop:Raue Klangfarbe

Pink in Berlin

Pink singt fast nur Hits, und die Fans haben keine Zeile vergessen.

(Foto: Britta Pedersen/dpa)

In der Berliner Waldbühne beweist Pink, dass sie noch immer eine Party starten kann - und die Fans sind dabei.

Von Juliane Liebert

Was, die gibt's noch? Ja, die gibt's noch. Alecia Beth Moore alias Pink ist auf Tournee; am Freitag und Samstag spielt sie ihre einzigen Konzerte in Mitteleuropa. Die Tickets sind längst ausverkauft, die Reihen der Berliner Waldbühne bis oben hin vollgestopft, und Pink schreitet die Treppe herunter. Direkt durchs Publikum. Die Haare kurz und gebleicht, sehr weite Batik-Schlaghose, Lederjacke; halb Zelt, halb Lederfransen, ganz Rockstar.

Bei ihrem neuen Song "What About Us" setzt sie zweimal an - der ist ihr wichtig

Es gibt Leute, die verändern schlagartig jeden Raum, den sie betreten. Pink hat diese Kraft. Sie könnte die Goldene Hochzeit dieser einen entfernten Großtante, deren Briefe man vorsichtshalber nie öffnet, in das Event des Jahres verwandeln. Folgerichtig ist der erste Song des Abends auch: "Get The Party Started". Die Backgroundtänzer, hier eher Vordergrundtänzer, schlagen Saltos, kugeln in Karohemd und Shorts um die Sängerin, eine Art Grunge-Pyramide mit Pink als Herzstück, und Pink singt die Hits und nur die Hits: "U + Ur Hand", "Just Like a Pill", "Trouble", "Funhouse", "Raise Your Glass".

Flashback. Es ist 2004; in einer Pepsi-Werbung treten Pink, Britney Spears und Beyoncé als Gladiatorinnen auf, die zur Belustigung des grausamen, Pepsi-trinkenden Imperators Enrique Iglesias gegeneinander kämpfen sollen. Wie in der Waldbühne sind die Reihen des Kolosseums bis an den Rand gefüllt. Die drei Gladiatorinnen verschwören sich aber gegen den bösen Herrscher, lassen die Waffen fallen und singen "We will rock you". Der Imperator stürzt, die Pop-Amazonen öffnen ihre Pepsidosen, zack, gewonnen. Auf YouTube streiten die Fans des Clips bis heute, wer der drei am besten gesungen hat, Konsens: Pink mit ihrer markanten Stimme, die in den Tiefen fast krächzt, mit ihrer rauen Klangfarbe. Das ist 13 Jahre her. Beyoncé ist inzwischen eine Ikone, die sich mit Zwillingsfotos als Fruchtbarkeits-Popgöttin inszeniert. Britney lebt unter der Vormundschaft ihres Vaters. Und Pink?

Was hat sie eigentlich gemacht die letzten Jahre? Sie ist Unicef-Botschafterin geworden, hat Kinder bekommen, Soundtracks, ab und an einzelne Songs rausgebracht. Jetzt ist ein neues Album angekündigt, die erste Single, "What About Us" wird sie am Ende dieses Abends zum ersten Mal live singen. Sie wird einmal ansetzen und abbrechen müssen, "Das klingt nicht richtig, wir müssen das nochmal richtig machen, das ist mir sehr wichtig." Beim zweiten Anlauf glückt es ihr. Manchmal wirkt sie erschöpft zwischen ihrem wirbelnden Tänzer-Harem. Aber es glückt. Da ist es fast egal, dass das Hintergrundvideo aussieht wie ein Bildschirmschoner, oder dass Pinks Bräune verrät, dass sie eine Spur zu lange im Solarium gewesen ist.

Das Publikum bewirft Pink mit Geschenken. Babykleidung, Käsekuchen, was ein Rockstar halt so braucht. Irgendwann in der Mitte des Konzerts steht Pink in einem Batzen Präsenten, immer wirft noch wer eins hinterher, wenn niemand Einhalt gebietet, wird sie in einem Geschenkeberg verschwinden, fürchtet man. Das Publikum hat sie nicht vergessen, es kann jede Zeile jedes ihrer Hits, und Hits hat die Frau zur Genüge, sie stemmt die Show mit fast nur Nummer 1-Songs und zwei, drei Covern. Die Cover bilden den sentimentale Part des Konzerts.

Danach klettert sie in eine überdimensionierte Plastekugel, lässt sich in Flaming-Lips-Manier über die Menge schubsen. Die Plastekugel hat ein Loch, Pink versucht, nicht rauszufallen, das Publikum befördert den Pink-Flummi einmal im Kreis über sich zurück auf die Bühne. Denn da gehört sie hin.

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