Pop:Die chorreichen Sieben

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Nach der dritten Nummer hält es ihr Publikum nicht mehr auf den Sitzen: "Naturally 7" bringen den Circus Krone zum Abheben

Von Oliver Hochkeppel, München

Das sieht man auch nicht oft: Das Publikum im Circus Krone steht schon nach der dritten, vierten Nummer geschlossen auf und hört gar nicht mehr auf mit dem Jubel. Für die US-Boys von Naturally 7 ist das fast Routine. Das merkt man auch ein bisschen: Waren die sieben Stimmartisten vor fünf Jahren in der Alten Kongresshalle von der Liebe des Publikums noch sichtlich gerührt, bauten sie jetzt die Reaktionen ebenso gekonnt in den Programmablauf ein wie den auf den Konzertabend fallenden Muttertag. Was nicht als Kritik zu verstehen ist: Ihr Perfektionismus stand immer im Dienst der Musik und hat ein Gesamtkunstwerk erschaffen, das selbst in der schillernden A-Cappella-Branche konkurrenzlos ist.

Zum einen, weil dieses Septett abgesehen vom rappenden und moderierenden Bariton Roger Thomas nicht nur nach Stimmlagen, sondern wie eine Band nach "Instrumenten" besetzt ist. Der zweite Bariton Dwight Steward etwa singt auch Posaune, die drei Tenöre beherrschen auch Trompete, Gitarre, Mundharmonika und Scratching mit dem Mund. Und die Kunst von Warren Thomas als "Mouth Percussion" zu bezeichnen, wäre eine maßlose Untertreibung. Wenn er als "Schlagzeuger" loslegt, geht ein Raunen durch den Saal.

Dabei verschleudern die Jungs ihre Gabe nicht als Art pour l'art. Natürlich bekommt jeder sein Solo, um die Leute mit seiner Artistik zu verblüffen. Der Schwerpunkt liegt aber auf den meisterlichen, vertrackten und den Raum wie ein Orchester füllenden Arrangements. Über die Jahre hat man es dabei zur absoluten Meisterschaft gebracht: Den mit Rap, Funk und Gospel aufgeladenen Hits "In The Air Tonight" und "Jericho" kann sich zum Einstieg niemand entziehen. Aber auch die neueren Songs, vom karibisch umgemodelten und mit Alicia-Keys-Zitat garnierten "Englishman in New York" bis zum bombastischen Queen-Medley "Galileo" bewältigen den Spagat zwischen extremer Stimmverteilung und wuchtigem Gesamtklang perfekt.

Dazu kommen noch die ausgefeilte Choreografie, die grandiosen Video-Zuspieler und die ausnahmsweise nicht nur pflichtschuldigen Mitmachnummern. Einziger Wermutstropfen: In der auf zwei Plätzen neubesetzten "Band" kann Kelz Mitchell die Lücke nicht schließen, die Armand "Hops" Hutton hinterließ. Der bleibt wegen seiner Einlagen als slappender "E-Bassist" unerreicht.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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