Politik:Weckrufe aus Österreich

ROMY 2014 Preisträger Wien Hofburg 26 04 2014 Hugo PORTISCH

Hugo Portisch.

(Foto: imago/SKATA)

Eine Legende des ORF und ein großer Demokrat, der auch mit neunzig ins Geschehen eingreift: Hugo Portisch schreibt über Donald Trump - und legt eine erweiterte Fassung seiner Autobiografie vor.

Von Cathrin Kahlweit

In Österreich kennt praktisch jeder Fernsehzuschauer den ORF-Mann Hugo Portisch. Suchte man in Deutschland nach einer Person, die ihm in Habitus und Bedeutung entspricht, müsste man vielleicht auf eine familiäre Mischung aus zweien zurückgreifen: auf den 2008 verstorbenen Diplomaten und Literaten Erwin Wickert - und auf dessen Sohn, den Journalisten Ulrich Wickert. Der Erstere zeigte den orientierungslosen und seelisch beschädigten Nachkriegsdeutschen, dass die weite Welt spannend und gar nicht furchterregend ist, der Zweite setzte ihnen die Weltenläufte allabendlich in den Tagesthemen auseinander.

Hugo Portisch war beides in einem für Österreich: in Pressburg (später Bratislava) als Sohn eines Journalisten und glühenden Demokraten geboren, nach dem Krieg selbst einer der ersten Journalisten, die in den USA Berufsethos und Wahrheitssuche lernten, mit 31 bereits Chefredakteur einer Wiener Zeitung, wenig später - und dann über Jahrzehnte hinweg - Chefkommentator des ORF.

Er ist gerade neunzig geworden, und ausgiebig wird er landauf, landab gefeiert. Und natürlich fallen in Österreich, wo hinter einer Wand aus Amicalität und Adoration immer die Beleidigung und das Beleidigtsein lauern, keine kritischen Worte über den populären alten Herren. Dabei hat der selbst nie ein Blatt vor den Mund genommen, wenn es um den Muff im Land und die unsägliche Parteien-Dominanz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ging; er hat sich damit in seiner Karriere durchaus auch Feinde gemacht. Das geht in Wien schnell.

Vergeben, vergessen. Zum Neunzigsten hat Portisch ein aktuelles Büchlein zu Donald Trump vorgelegt ("Leben mit Trump. Ein Weckruf"), und parallel ist eine erweiterte Ausgabe seiner Autobiografie "Aufregend war es immer" erschienen, in der er - fein chronologisch - seine Vita zerlegt. Er erklärt, wie Journalismus sein sollte: "check, double-check, re-check", also prüfe, such eine zwei Quelle, prüf noch mal. Erzählt, wie er als Reisender in einer Zeit, in der das Reisen noch keine banale Routine war, die USA, China, Kuba, Vietnam im Kalten Krieg erlebte. Er sieht und sagt den Brexit voraus. Setzt sich mit der Haltung seiner Mitbürger zu ihrer NS-Vergangenheit auseinander und beklagt, dass die These von Österreich als erstem Opfer Hitlers zur Staatsdoktrin wurde - gemäß der feigen Logik, dass ja, wenn ein Staat nicht mehr existiert, man auch keine Schuld tragen und keine Mitverantwortung schultern konnte.

Portisch geht dementsprechend auch in der Causa Kurt Waldheim mit Österreichs Politikern hart ins Gericht, die erneut nach dem Motto verfahren seien: Wo keine individuelle Schuld nachweisbar ist, da ist die Sache bitte sehr, küss die Hand, erledigt. Mitverantwortung demonstrativ zu übernehmen und zu tragen, sei aber das Mindeste gewesen. Der TV-Star, damals als Chefkommentator des Senders auf der Höhe seiner Popularität, hätte nach Waldheim selbst Bundespräsident werden können; der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) und sein Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) wollten einen Mann, hinter dem sich das skandalmüde Land versammeln konnte. Portisch zögerte keine Minute: "Nein war mein sofortiger Gedanke. Kein politisches Amt, ich bin Journalist und nur das will ich sein."

Dabei ist er geblieben, und so legt er nun, im hohen Alter, eben auch ein aktuelles Büchlein zu Donald Trump vor. Es ist, wie jeder Schnellschuss, der sich mit dem neuen US-Präsidenten befasst, auch ein Schuss ins Blaue, muss es sein. Portisch rettet sich in seine Erfahrung, erzählt von all den anderen Präsidenten, die er natürlich alle kannte, und nähert sich Trump dann mit der für ihn sehr typischen Mischung aus Klarheit und Pragmatismus. "Political Correctness" - das habe Trump offen zugegeben -, dafür habe er "keine Zeit". Damit aber breche er, so der Autor, "die Regeln für anständiges Benehmen, für die Anerkennung des Gegners, für Anstand in der Gesellschaft". So einfach ist das. Portisch bringt die Dinge eben gern auf den Punkt: "Trump und Putin werden sich auf einen Deal einigen." Und Europa müsse aus seinen "nationalistischen Albträumen aufwachen".

Hugo Portisch: Leben mit Trump. Ein Weckruf. Ecowin, Salzburg 2017, 87 Seiten, 20 Euro. E-Book 14,99 Euro.

- Aufregend war es immer. Ecowin, Salzburg 2017. 400 Seiten, 15 Euro. E-Book 11,99 Euro.

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