Politberater:Enigma vom Canon Drive

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Was trieb der erzkonservative Trump-Einflüsterer Stephen Bannon in Hollywood? Der "New Yorker" hat recherchiert, dass er dort als Produzent und Finanzier kaum Spuren hinterlassen hat. Millionen aber brachte seine Beteiligung an "Seinfeld".

Von David Steinitz

Stephen Bannon, erzkonservativer Chefstratege von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus, prahlt gerne damit, wie erfolgreich er vor seiner Politikkarriere als Produzent in Hollywood gewesen sei.

Diese Selbstlobeshymnen hat das Magazin New Yorker in seiner Maiausgabe zum Anlass genommen, detailliert nachzuzeichnen, was genau Bannon eigentlich in seinen zwei Jahrzehnten in Hollywood getrieben hat, weil diese Zeit bislang eher schwammig protokolliert ist. Die Recherchefrage der Reporterin Connie Bruck: Wie erinnert man sich in der amerikanischen Filmindustrie an den Mann, der diese nach eigener Aussage so entscheidend geprägt hat? Die Antwort lautet, dass man sich eher überhaupt nicht an ihn erinnert. Das ist der O-Ton vieler Brancheninsider, mit denen die Journalistin gesprochen hat. Der Medienmogul Barry Diller zum Beispiel, ein Urgestein im Geschäft, sagte: "Ich kannte ihn bis zum Wahlkampf letztes Jahr nicht, und auch niemand, den ich kenne, hat ihn in seiner sogenannten 'Hollywood-Periode' jemals kennengelernt."

Die paar Menschen wiederum, die tatsächlich mit ihm zusammengearbeitet haben, berichten von einem Mann, der damals niemanden bekehren, sondern schlicht Geld verdienen wollte. Bannon kam 1987 von New York nach Los Angeles, damals noch als Angestellter der Investmentfirma Goldman Sachs, die ins Unterhaltungsgeschäft einsteigen wollte. In diesem Sinn ist er ein typischer Vertreter seiner Generation, die Achtzigerjahre waren die Zeit, in der sich viele Wall-Street-Unternehmen von der Ostküste massiv im Unterhaltungsgeschäft an der Westküste einkauften. Nur der wirklich große Durchbruch ist Bannon nie gelungen. Nachdem er zwei Jahre für Goldman Sachs vor Ort war, machte er sich selbständig, erst mit einem Kollegen, dann allein. Die Firma Bannon & Co. residierte am Canon Drive in Beverly Hills. Laut einem ehemaligen Kollegen saß Bannon in seinem Büro, hinter ihm Regale voller Bücher über die amerikanische Geschichte und das Militär, und er empfing den ganzen Tag potenzielle Geschäftspartner, die Geld für ihre Filme brauchten.

Vom großen Gewinn aus der TV-Serie "Seinfeld" war vor Gericht nie die Rede

Ein Projekt, für das er in dieser Zeit die Finanzierung zumindest zum Teil mitorganisierte, war das Drama "Indian Runner" von 1991, Regie führte Sean Penn. Obwohl Bannon in den kreativen Prozess nicht involviert war, bekam er für seine Finanzdienstleistungen im Abspann eine Nennung als Produzent. Ähnlich lief es 1999 mit dem Drama "Titus" mit Anthony Hopkins in der Hauptrolle. Die Geschichte, frei nach William Shakespeare, floppte aber an der Kinokasse. Hinterher behauptete Bannon, das wäre nie passiert, wenn die Regisseurin Julie Taymor seine künstlerischen Ratschläge angenommen hätte. Erfolg in Hollywood sieht anders aus.

Bannon versuchte außerdem, sich bei der Produktionsfirma The Weinstein Company einzukaufen, die von den Brüdern Harvey und Bob Weinstein gegründet wurde, die einst Quentin Tarantino entdeckt hatten. Aber der Deal platzte, wie viele andere auch, an denen er sich versuchte.

Selbst sein vermutlich einziger Coup im Showgeschäft ist eine etwas undurchsichtige Angelegenheit. Ein Großteil seines Vermögens stammt nach bisherigen Erkenntnissen aus einem umfassenden Rechtepaket, das ihm eine Gewinnbeteiligung an diversen TV-Serien sicherte. Eine davon war die Comedy-Show "Seinfeld", einer der größten TV-Hits überhaupt. Das Wirtschaftsmagazin Forbes hat das vor einiger Zeit ausgerechnet: Selbst wenn er nur eine Ein-Prozent-Gewinnbeteiligung besitze, müsse er damit mittlerweile über 30 Millionen Dollar verdient haben. Aber so gern Bannon mit seinen Erfolgen prahlt, zu "Seinfeld" gibt er eher ungern Auskunft. Ein möglicher Grund: Er war zwölf Jahre lang in einen erbitterten Rechtsstreit verwickelt, den seine Ex-Frau Mary Louise Piccard gegen ihn führte. Mit ihr hat er zwei Kinder, sie warf ihm vor, sie misshandelt zu haben. Natürlich ging es auch um Geld, aber vor Gericht war nie die Rede von den hohen "Seinfeld"-Einkünften. Entweder, weil die Rechte damals noch nicht so viele Einnahmen abwarfen, oder weil er die Gewinne verschwieg, um weniger Unterhalt zahlen zu müssen. Im Ergebnis ermöglichte ihm diese undurchsichtige Rechtebeteiligung aber ebenfalls nicht den Aufstieg in die Oberliga von Hollywood.

Also verlegte Bannon sich im neuen Jahrtausend vom Produzieren aufs Inszenieren. Seine mit rechter Ideologie überfrachteten Dokumentationen wurden seit seiner Berufung ins Weiße Haus viel diskutiert und kritisiert. Laut seiner ehemaligen Drehbuchmitarbeiterin Julia Jones verehrt Bannon die Propagandafilme der Nazis, besonders Leni Riefenstahls "Triumph des Willens". Diese Verführungskunst sollte das Vorbild für seine eigenen Werke sein. 2004 schließlich lernte er bei der Premiere seines Films "In the Face of Evil: Reagan's War in Word and Deed" beim Liberty Film Festival in Los Angeles den Journalisten Andrew Breitbart kennen. Eine Begegnung, die seinen Berufswechsel vom Geschäftsmann zum Demagogen wohl endgültig besiegelte. Denn nach Jahrzehnten des Misserfolgs in Hollywood hatte er mit der rechten Nachrichtenwebsite Breitbart News bald das, was er sich so gewünscht hatte: einen Hit.

© SZ vom 26.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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