Podiumsdiskussion:Keine Krise in Sicht

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Künstler unterhalten sich über Sprechtheater und Performance

Von Christiane Lutz, München

Man hatte sich wahrscheinlich ein elektrisierendes Duell Sprechtheater versus Performance erhofft. Am Ende war der Abend in der Akademie der Schönen Künste eine nette Plauderstunde, trotz hochrangig besetzten Podiums: Die Schauspieler Ulrich Matthes und Brigitte Hobmeier, die Regisseure Ersan Mondtag und Doku-Theatermacher Stefan Kaegi ("Rimini Protokoll") sowie Performance-Künstler Ole Frahm waren gekommen, um über "Darstellende und Performative Künste - der Unterschied" zu sprechen.

Der Moderatorin Sabine Dultz gelingt es, mit unkonkreten, bisweilen wirren Fragen nicht, eine richtige Diskussion in Gang zu bringen. Brigitte Hobmeier (die an den Kammerspielen gekündigt hatte) versichert, dass sie offen sei für neue Formen und Lust habe, "bei jedem Schmarrn" mitzumachen. Auch Ulrich Matthes, im Ensemble des Deutschen Theaters Berlin, hegt keine Feindschaft gegen die angeblich gerade alles überwuchernden Performance-Künste. "Ich kritisiere nur ideologische Zuspitzung. Als gäbe es nur Literaturtheater oder nur Performance." Er traut sich als erster, auch Matthias Lilienthal und die Kammerspiele anzusprechen, die sich für viele Zuhörer durchaus in einer "Performance-Sprechtheater-Krise" befinden.

Ersan Mondtag, Regisseur an Stadt- und Staatstheatern, findet beim besten Willen keine Krise. Nur weil an manchen Häusern auch Performance stattfinde, sei das Literaturtheater doch nicht tot, sagt er. Nur, weil er die Aura alter Schauspielhäuser schätze, sei er nicht "Opi, der vom Krieg redet" und trotzdem aufgeschlossen, sagt Matthes. Stefan Kaegi verteidigt die "Experten des Alltags", die bei ihm auf der Bühne stehen. Ole Frahms versucht vergeblich, das Gespräch in andere Richtungen zu lenken: "Ist das Theater eigentlich noch der richtige Ort, die Gesellschaft zu verhandeln?" oder "Was ist eigentlich ein Theaterraum?" Die Moderatorin findet klassische Guckkasten-Bühnen einfach "praktisch". Und gegen Unterhaltung hat ohnehin niemand etwas. Fazit: Es gibt blöde Performances. Und blöde Sprechtheater-Inszenierungen. Nur eine Krise, die gibt es eigentlich nicht.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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