Plattenkabinett:Der Jugend eine Chance

Plattenkabinett: Linkin Park veröffentlichen mit "Recharged" ihr zweites Remix-Album.

Linkin Park veröffentlichen mit "Recharged" ihr zweites Remix-Album.

(Foto: AFP)

Als man Jimi Hendrix und Mittelalter-Rock gleichzeitig hörte, waren die meisten Mitglieder dieser Bands noch nicht auf der Welt: Neues von Linkin Park, The Head and the Heart und den Oldtimern von Steeleye Span.

Von Bernd Graff

Liebe Nutzer, wo immer Sie uns auch zugeschaltet sein mögen, Süddeutsche.de hat sich seit je der Förderung des Pop-Nachwuchses verschrieben. Sicher, Sex&Drugs&Rock`n`Roll sind Dinge, die nicht in Kinderhand gehören, aber Hand aufs Herz: Was wären wir ohne die Hoffnung in unseren Herzen, dass die Jugend dermaleinst das mächtige Erbe wird übernehmen können.

In diesem Sinne kann man die Bemühungen der kalifornischen Band Linkin Park nicht hoch genug preisen, unermüdlich zu üben, zu üben, zu üben. Und darum immer aufs Neue die eigenen alten Sachen unter die Lupe zu nehmen und neu zu assemblieren, zu remixen, wie man heute so sagt.

Ja, Linkin Park, immerhin schon 1996 gegründet (und trotzdem weiter in der Remix-Phase) sind wieder am Start: ihr nach "Reanimation" (2002) zweites Remix-Album heißt "Recharged". Darauf haben Steve Aoki und Rick Rubin die guten eigenen Songs mit völlig unterschiedlichen Ergebnissen durch den Synthie-Reißwolf gedreht - siehe "A Light That Never Comes". Es beweist eine gewisse Größe, sich selber immer wieder neu zu erfinden mit dem guten alten Stoff, aus dem die Träume der Jugend mal waren.

Also, wer Freude an elektronischer Jugend, an Clubsound, Dubsteb, Drum`n`Bass und Hip Hop hat, wer wissen möchte, was man in sozialen Medien heute so hört, der konzentriert sich jetzt mal kurz auf diese Remixe und bewundert die (hier älter gewordene) Jugend für ihren frischen Wagemut.

  • Wenn diese Platte einen Mädchennamen trüge, hieße sie Heidi.
  • Wenn diese Platte ein Kleidungsstück wäre, dann wäre sie ein Ringelsöckchen.
  • Wenn diese Platte ein aus der Werbung bekanntes Firmenlogo wäre, dann das von Wrigley`s Spearmint (das mit den beiden Pfeilen in entgegengesetzter Richtung)

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Weiter mit der Melancholie der Jugend

Und weiter geht's mit Jugend, die auch mal richtig melancholisch verlaufen kann. So erdnah und bleischwer im Hängegebälk der großen Gefühle, die dann aber auch immer wieder neu allen Mut zusammennimmt. Sich zusammenreißt, sich tapfer am eigenen Schopf aus dem Emo-Sumpf zieht, etwa, weil ein hinreißendes Mädchen nach einer Woche auf die Sehnsuchts-SMS zwar mit "Nein", aber immerhin geantwortet hat.

Eine Band, die für derlei Gefühlshalligalli die passende Musik liefert, also so richtig Indie-mäßig verhaucht und mit ganz lieben Augen, ist das US-Gewächs The Head and the Heart aus Seattle/Washington. Eine Gruppierung, die das Sehnsuchtsdrücken zwischen Herz und Hirn sogar im Bandnamen trägt.

Diese munteren Racker haben sich 2009 zusammengerauft und nun schon das zweite Album herausgebracht (Das erste zuerst noch als selbstgebrannte CD in selbst-gebastelten Jeans-Covern). Und siehe: Die Herrschaften, die so unvergleichlich "Sounds Like Hallelujah" zu Gehör brachten, dass unzählige TV-Serien-Beschaller auf sie aufmerksam wurden (How I Met Your Mother etwa brauchte ihr Stück "Rivers and Roads" zur emotionalen Geschmacksverstärkung), können mit "Let`s Be Still" wieder einmal überzeugen, auch, wenn sie eine Duftnote zu nah an Arcade Fire gelandet sind. Unbedingt hören: Homecoming Heroes.

  • Wenn diese Platte einen Mädchennamen trüge, hieße sie Michelle Beatles.
  • Wenn diese Platte ein Kleidungsstück wäre, dann wäre sie ein T-Shirt mit der Warhol-Banane.
  • Wenn diese Platte ein aus der Werbung bekanntes Firmenlogo wäre, dann der rechtsdrehende Strudel von Firaxis Games

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Weiter mit der Lust der Gereiften

Ganz sicher nicht mehr jung, aber ganz sicher jung geblieben, sind die rüstigen Barden von Steeleye Span. Liebe Kinder, das könnt ihr euch natürlich gar nicht mehr vorstellen, aber es gab mal eine Zeit, da begab es sich, dass Menschen nichts dabei fanden, English Folk-Rock und Jimi Hendrix zu hören. Und ja, damals hörten sie auch schon Steeleye Span. Das schalmeite und seufzte sehr lieblich zu Drums und Bass, rockte gar.

Es waren alte Weisen, die da erinnert wurden, es ging um treue Bräute, die ihre einzige Liebe im schlimmen Sturm auf Hoher See verloren, während nebenan "Star Spangled Banner" von Jimi lief. Es war eine wüste Zeit, sie war eigentlich nicht auszuhalten.

Die Zeitläufte konnten den Steeleye Span wenig anhaben, zwar wechselte die Besetzung ständig, aber das rhythmisch begleitete Schalmeien-Gedöns verlor sich nie und blieb sich treu. Jetzt hat diese rüstige Runde eine neue Platte hervorgebracht, die sich inhaltlich an der "Wintersmith"-Novelle des Autors der Discworld-Serie, Sir Terry Pratchett, orientiert. Für den Erfolgsautor spielte die Folktruppe zum Sechzigsten auf, man ist sich gegenseitig Fan, und nun das: "Wintersmith" heißt das Album erwartbar.

Wer Steeleye Span noch nie gehört hat und Lust darauf hat, etwas ganz anderes als den Medieval Rock von Bands wie Subway to Sally zu hören, gewissermaßen Originale im Rockgewand, dem sei das Album wärmstens empfohlen. "We Shall Wear Midnight" kann man aber auch immer hören, ohne unter Folkverdacht zu fallen.

  • Wenn diese Platte einen Mädchennamen trüge, hieße sie Lady Elve.
  • Wenn diese Platte ein Kleidungsstück wäre, dann wäre sie eine mit Swenzelin geschmückte Suckenie.
  • Wenn diese Platte ein aus der Werbung bekanntes Firmenlogo wäre, dann wäre es das Wappen der Tempelritter

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Unten finden Sie alle Platten, die in dieser Rubrik bisher besprochen wurden:

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