Paul Maar:Galimat will heim

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(Foto: Oetinger)

Nach dem Sams nun der Galimat, ein Maschinchen aus dem All. Das Jim hilft, erwachsen zu werden.

Von Sybil Gräfin Schönfeldt

Es war einmal ein Tätowierter Hund. Er sprang vor vierzig Jahren in das Gefilde der Kinderliteratur, und in dem Buch, in das er gehört, wurde er natürlich gleich gefragt, was die vielen Bilder auf seiner nackt geschorenen Haut bedeuteten. Das seien immer die Figuren einer Geschichte, antwortete er. Es heißt, Paul Maar hätte den Tätowierten Hund und andere Figuren zuerst für seine Kinder auf eine Tapete gezeichnet und sich dann die dazugehörigen Geschichten ausgedacht, also auch die von dem Hund, der die Geschichte seiner Tätowierungen erzählt.

So ist Maars erstes Buch, eine Rahmengeschichte, entstanden. Das ist eine ideale Form für einen Autor kurzer Geschichten, Kettengeschichten, Erzählgeschichten, Vorlesegeschichten für die blaue Stunde zwischen Tag und Nacht. Er hat diese Form oft und vielfältig benutzt, auch um den erdichteten Erzähler neuer Geschichten die Schlüsselfragen des Erzählens stellen zu lassen: Wem erzählen wir eigentlich? Will jemand unsere Geschichte hören? Und wem machen sie mehr Spaß? Den Dichtern, die sich das alles ausdenken, oder denjenigen, denen sie ihre Geschichten erzählen? Solche Fragen verlangen keine Antwort. Sie sind Herausforderungen, und sie sollen vielleicht auch den Leser daran erinnern, wie viel Arbeit das Schreiben macht. Und dass Missachtung schmerzt.

Jetzt lebt in Maars neuem Buch ein Junge, der wie Lippel etwas Hilfe braucht. Er besitzt ein fabelhaftes Gedächtnis und seine Verwandten, bei denen er lebt, wollen ihn ein Quiz und damit eine Million gewinnen lassen. Doch so wie Herr Taschenbier unvermutet Besuch von einem Sams bekam, landet in Jims Leben ein Galimat, ein etwa faustgroßes Maschinchen aus einer ganz anderen Welt oder Galaxis, das von Jims roter Lampe angezogen wurde, ganz altmodisch zaubern und sich entmaterialisieren und wieder materialisieren kann.

Paul Maar holte sich immer gern Figuren aus der Kinderliteratur in seine Geschichten, ob das nun Hänsel und Gretel oder die Alice im Wunderland sind. Der Galimat könnte aus den Star Wars kommen. Auf jeden Fall sucht er wie E. T. den Leitstrahl aus dem All, um "home, home" wieder zu seinen Leuten zurückzukommen. Unterdessen versteckt er sich bei Jim, und aus seiner Andersartigkeit ergeben sich die gemeinsamen Abenteuer.

Paul Maar ist ein hervorragender Zeichner, und er hat dem Hund, dem dicken grünen Sams mit den Wunschpunkten um die Stupsnase herum, der entführten Tante Marga, dem gestreiften Mann und vielen anderen seiner Gestalten unverwechselbare Züge gegeben, immer mit einer Prise Humor, aber nie als Karikatur ihrer selbst. Eine solche Kongenialität ist selten, und es hat sicher zum Erfolg der Maar-Bücher beigetragen, dass seine Zeichnungen stark genug sind, den Text manchmal zu stützen. Doch Maar hat seit geraumer Zeit das Zeichnen aufgegeben und Ute Krause hat das Illustrieren übernommen. Nun ist schon das Titelbild der Galimat-Geschichten blass. Jims Gesicht mit seinem Stengelhals ist ebenso aus zeichnerischen Kürzeln zusammengesetzt wie die schablonenhaften Figuren der anderen Personen und wie das Galimat. Wer fernsieht, stellt aber gewisse Ansprüche an das Äußere eines Zauberautomaten, der mit Atomen spielen kann. Und Jims Abenteuer, nach gewohnter Art in Wochentagskapiteln erzählt, stehen nun wie allein gelassen da. Nach den ersten Seiten ist klar, dass ein sprechender und die Materie verändernder Galimat einem Menschenjungen bei so etwas Einfachem wie einem TV-Quiz helfen kann. Doch Jim verwendet den Zauber, um seiner Freundin zu helfen. Das ist edel, aber das Edle wirkt leicht langweilig, auch wenn Jim fast für immer so etwas wie sein eigener Onkel geblieben wäre. Der Galimat verabschiedet sich von ihm: "Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder."

Vielleicht materialisiert er sich und Jim zu Bildern auf Paul Maars Tapete und kommt im Tätowierten Hund-Format zurück. (ab 9 Jahre)

Paul Maar: Der Galimat und ich. Mit Illustrationen von Ute Krause. Oetinger 2015. 253 Seiten, 12,99 Euro.

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