Otto-Dix-Ausstellung in Chemnitz:Das seelische Interieur

Otto Dix / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Frühes Leid und die Gottverlassenheit eines bürgerlichen Sonntagnachmittag: Otto Dix' "Mädchen am Sonntag" aus dem Jahr 1921.

(Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/László Tóth © VG Bild-Kunst, Bonn 2018)

Das Chemnitzer Museum Gunzenhauser zeigt erstmals eine große Ausstellung mit mehr als 300 Bildern von Otto Dix, darunter viele bisher nur selten gezeigte Werke.

Von Burkhard Müller

Wie gut versteht man dieses Mädchen! Sie sitzt auf einem Schemel, im Haar trägt sie eine rosa Schleife, die Hände hat sie ergeben zusammengefaltet. Rings um sie die gute Stube, darin befinden sich ein Vertiko, eine Hängelampe, eine palmenartige Topfpflanze, eine Pendeluhr mit einem Adler obendrauf, der seine Schwingen breitet (denn um die Zeit zu messen, braucht man vor allem einen Adler). Ganz allein sitzt sie da, hält den Kopf ein wenig schräg und sieht den Betrachter bescheiden und bekümmert an. Wie alt mag sie sein? Elf? Alt genug, um die Gottverlassenheit eines kleinbürgerlichen Sonntagnachmittags zu empfinden. Die Uhr zeigt drei. Morgen ist um acht schon wieder Schule. Und dass die Eltern was mit ihr unternehmen, kann sie vergessen.

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