Oscar-nominierte Kinder:Von der Grundschule auf den Roten Teppich

Mit gerade einmal neun Jahren ist Quvenzhané Wallis für ihre Rolle in "Beasts of the Southern Wild" für den Oscar nominiert. Die jüngste Anwärterin auf den Preis ist sie dennoch nicht. Den Rekord hält einer, mit dessen Schauspielkarriere es danach rasant bergab ging.

Die jüngsten Oscar-Nominierten aller Zeiten.

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Beasts of the Southern WIld

Quelle: Ben Richardson / MFA

Mit gerade einmal neun Jahren ist Quvenzhané Wallis für ihre Rolle in "Beasts of the Southern Wild" für den Oscar nominiert. Die jüngste Anwärterin auf den Preis ist sie dennoch nicht. Den Rekord hält einer, mit dessen Schauspielkarriere es danach rasant bergab ging.

Quvenzhané Wallis

Eigentlich hätte die Rolle der "Hushpuppy" an eine andere gehen sollen. 4000 Kinder hatten sich beim Vorsprechen versammelt. Einzige Bedingung für die Anwärter auf die Hauptrolle in "Beasts of the Southern Wild" war: Die Kinder sollten zwischen sechs und neun Jahren alt sein. Quvenzhané Wallis war aber erst fünf Jahre alt. Sie gab sich als Sechsjährige aus - und wurde engagiert.

Wallis spielt in dem Fantasy-Drama ein willensstarkes, quirliges und phantasievolles Mädchen, das mit ihrem schwerkranken Vater (dargestellt von Dwight Henry) im Sumpfland von Louisiana lebt. Ihr Zuhause ist überschwemmt, noch dazu machen sich aus dem arktischen Eis befreite Auerochsen dorthin auf den Weg. Regisseur Benh Zeitlin hat mit "Beasts of the Southern Wild" sein Spielfilmdebüt vorgelegt und bei der 1,3 Millionen Dollar teuren Produktion komplett auf Laiendarsteller vertraut.

Als er die damals fünfjährige Wallis (Spitzname: Nazie) beim Vorsprechen kennenlernte, wusste er gleich, dass er seine "Hushpuppy" gefunden hat, erzählte Zeitlin der US-Nachrichtenseite The Daily Beast. Er änderte sogar extra das Drehbuch, um die junge Hauptfigur an Wallis Persönlichkeit anzugleichen: "In dem Vorsprechen wollte ich sie dazu bringen, eine Flasche auf den Casting-Director zu werfen, aber sie sagte, sie wolle das nicht tun. Das sei falsch", so Zeitlin. "Sie hatte diesen Trotz und ein intuitives Gespür dafür, was richtig und was falsch ist."

Auch die Oscar-Jury ist von der Darstellung der Nachwuchsschauspielerin überzeugt und nominierte Wallis in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin". Bei der Verleihung am 24. Februar muss die inzwischen Neunjährige dann gegen Naomie Watts, Jennifer Lawrence und die bisher älteste nominierte Schauspielerin, die 85 Jahre alte Emmanuelle Riva, antreten. Die Independent-Produktion "Beasts oft he Southern Wild" ist außerdem noch im Rennen um den Oscar für den besten Film, die beste Regie und das beste adaptierte Drehbuch.

Im Bild: Wallis stellt sich als "Hushpuppy" in "Beasts of the Southern Wild" einem "Auerochsen" entgegen

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Oscar-nominierte Kinder:Justin Henry

HOFFMAN HENRY

Quelle: AP

Wallis ist zwar die erste Oscar-Nominierte, die im 21. Jahrhundert geboren ist, die jüngste Nominierte ist sie aber nicht. Diesen Rekord hält immer noch Justin Henry, der erst acht Jahre alt war, als er für seine Rolle in dem Drama "Kramer gegen Kramer" von der Jury unter die Anwärter für den Preis in der Kategorie "Beste Nebenrolle" gewählt wurde.

An der Seite von Dustin Hoffman und Meryl Streep spielte Henry 1979 - im Alter von sieben Jahren und ohne jegliche Schauspielerfahrung - einen Fünfjährigen, der zwischen die Fronten seiner beiden Eltern gerät, die in einem erbitterten Sorgerechtsstreit gegeneinander vor Gericht ziehen. Dass Henry die Rolle bekam, hat er seinem Nachbarn zu verdanken - einem Casting-Director, der das Talent des Schülers entdeckte.

Obwohl er schon als Achtjähriger auf der Nominiertenliste für den prestigeträchtigsten Preis der Filmbranche war, konnte Henry den frühen Erfolg nicht ausbauen. Zwar bastelte er weiter an seiner Schauspielkarriere und tauchte ab und zu in TV- und Filmproduktionen auf; darunter "Flucht zurück" (1985) und "Sweetheart Dance - Liebe ist mehr als nur ein Wort" (1988) . Auch als Erwachsener hatte er noch Auftritte vor der Kamera, beispielsweise 2003 in "My Dinner with Jimi". Doch an sein Debut konnte er nicht mehr anknüpfen.

Im Bild: Dustin Hoffman und sein Film-Sohn Justin Henry in "Kramer gegen Kramer"

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Oscar-nominierte Kinder:Jackie Cooper

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Quelle: imago stock&people

Auch er war bei seiner Oscar-Nominierung jünger als Wallis - allerdings nur 115 Tage: Jackie Cooper war neun Jahre alt, als er auf die Liste der "Besten Hauptdarsteller" gesetzt wurde. Seine Rolle als "Skippy" im gleichnamigen Film machte ihn 1931 zum Star. In der Komödie, bei der sein Onkel Norman Taurog Regie führte, spielte Cooper den Sohn eines Arztes, der versucht, den Hund eines Freundes vor dem Hundefänger zu retten.

Bis heute ist eine Anekdote aus dem Film berühmt: Taurog musste seinen jungen Hauptdarsteller in einer Szene zum Weinen bringen. Deshalb ließ er einen Komparsen auf den Filmhund (der im wahren Leben Coopers Hund war) schießen - allerdings mit Platzpatronen. Das wusste der Junge aber nicht, er war danach kaum noch zu beruhigen.

Schauspielerfahrung hatte Cooper schon zuvor als Mitglied der "Kleinen Strolche" gesammelt. Bereits als Sechsjähriger stand er für die Serie vor der Kamera. Er verbrachte fast seine ganze Kindheit hinter den Toren der MGM-Studios. Später verbot er seinen Kindern, ebenfalls Schauspieler zu werden. Er selbst arbeitete weiter in dem Beruf und erhielt 1978 als Erwachsener für seine Rolle als Perry White in "Superman" erneut Beachtung.

1989 kehrte er Hollywood endgültig den Rücken und verkündete, er sei nun 67 Jahre alt, 64 Jahre davon habe er gearbeitet. Vor zwei Jahren verstarb der ehemalige "America´s Boy" im Alter von 88 Jahren in Beverly Hills.

Im Bild: Jackie Cooper in einer Szene aus "Skippy"

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Oscar-nominierte Kinder:Tatum O'Neal

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Quelle: imago stock&people

Sie war zehn Jahre alt, als ihr der Oscar als "Beste Nebendarstellerin" überreicht wurde: Tatum O´Neal. Damit ist sie die jüngste Oscar-Gewinnerin aller Zeiten, die mit einem regulären Preis ausgezeichnet wurde.

Ihren großen Erfolg feierte sie an der Seite ihres Vaters, dem Schauspieler Ryan O´Neal. Zusammen drehten sie 1973 das tragikkomische Roadmovie "Paper Moon", das während der großen Depressiom von 1935 spielt. Die blonde Tatum avancierte zum bestbezahlten Kinderstar der siebziger Jahre.

Doch schon bald überschattete das Privatleben O`Neals ihren frühen Erfolg, vor allem die Beziehung zu ihrem Vater, der die Familie für eine andere Frau verließ, war noch lange danach zerrüttet. In ihren Memoiren "Und mein Leben beginnt jetzt", die 2005 in Deutschland erschienen, beschreibt sich Tatum O´Neal als vernachlässigtes Kind, berichtet von ihrer Drogensucht und der schwierigen Beziehung zur späteren Partnerin ihres Vaters, der mittlweile verstorbenen Schauspielerin Farrah Fawcett.

2011 kehrte sie an der Seite ihres Vaters zurück vor die Kamera - in einer Reality-Show namens "Ryan and Tatum: The O'Neals", die auf dem TV-Sender von US-Talk-Queen Oprah Winfrey ausgestrahlt wurde. Darin sollte die Beziehung der beiden "Paper Moon"-Stars publikumswirksam aufgearbeitet werden - auf die große Leinwand kehrte der einstige Kinderstar, den Michael Jackson als seine erste große Liebe bezeichnete, nicht wieder zurück.

Im Bild: Ryan O´Neal und seine Tochter Tatum in "Paper Moon"

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Oscar-nominierte Kinder:Anna Paquin

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Quelle: imago stock&people

Sie wurde ebenfalls nicht nur für den Oscar nominiert, sondern gewann ihn auch: Anna Paquin. Da war sie ein Jahr älter als Tatum O´Neal, die den Rekord unter den weiblichen Kinderstars weiter hält - sollte nicht Quvenzhané Wallis die goldene Statue an diesem Sonntag mit nach Hause nehmen.

Paquin kam durch Zufall zu ihrer Oscar-Rolle. Eigentlich war es ihre Schwester, die sich 1991 in Neuseeland für die Rolle der "Flora" im Film "Das Piano" bewerben wollte. Paquin begleitete ihre Schwester aus Neugier und Langeweile. Als die Regisseurin Jane Campion sie beim Casting sah, wählte sie die damals Neunjährige aus den etwa 5.000 Bewerbern aus.

Eine gute Wahl, denn 1994 gewann Anna Paquin für ihre Rolle als Tochter einer stummen Pianistin den Preis als Beste Nebendarstellerin - und setzte sich unter anderem gegen Winona Ryder durch. Damit hatte kaum jemand gerechnet, wohl auch Paquin selbst nicht, die auf der Bühne sekundenlang um Worte rang.

Danach zog sich Paquin aus der Filmwelt zurück und lehnte Rollenangebote ab. Erst drei Jahre nach dem Ende der Dreharbeiten für "Das Piano" stand sie wieder vor der Kamera. Internationale Bekanntheit erlangte die kanadisch-neuseeländische Schauspielerin später durch ihre Rolle in den "X-Men"-Filmen und der Serie "True Blood".

Im Bild: Holly Hunter und Anna Paquin in einer Szene von "Das Piano"

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Oscar-nominierte Kinder:Haley Joel Osment

ACTOR HALEY JOEL OSMENT IN SCENE FROM THE SIXTH SENSE

Quelle: REUTERS

"Ich kann tote Menschen sehen": Dieser leise gehauchte Satz aus dem Film "The Sixth Sense" wird wohl für immer mit Haley Joel Osment in Verbindung gebracht werden. Dabei hatte der heute 24-jährige schon vor seinem endgültigen Leinwand-Durchbruch im Alter von elf Jahren eine beachtliche Karriere vorzuweisen. In "Forrest Gump" hatte er an der Seite von Tom Hanks gespielt, 1996 stand er gemeinsam mit Whoopie Goldberg und Gerard Depardieu in "Bogus" vor der Kamera.

Drei Jahre später brachte ihm die Rolle als Cole Sear in "The Sixth Sense" Weltruhm ein - und eine Nominierung für den Oscar. In dem Psycho-Thriller spielt Osment einen Jungen, dem Geister erscheinen und der dank des Psychologen Malcolm Crowe (verkörpert von Bruce Willis) lernt, mit der übersinnlichen Gabe umzugehen.

Den wichtigsten Preis Hollywoods erhielt er dafür zwar nicht, aber der Gewinner Michael Caine ehrte ihn in seiner Dankesrede: "Als ich von deiner Nominierung gehört habe und dich spielen gesehen habe, war ich mir ganz sicher, dass du gewinnen würdest." Zwei Jahre später der nächste Höhepunkt in der Karriere des damals 13-jährigen Osment: Steven Spielberg gab ihm die Hauptrolle in dem Science-Fiction-Drama "A.I. - Künstliche Intelligenz". Die Chance auf einen Oscar hatte Osment seitdem aber nicht mehr.

Stattdessen sorgte er privat immer wieder für Schlagzeilen; so hat der ehemalige Kinder-Star mit Drogen experimentiert und überschlug sich 2006 mit seinem Auto, betrunken und unter Drogeneinfluss. Ein Gericht verurteilte ihn zu drei Jahren auf Bewährung.

Im Bild: Haley Joel Osment in einer Szene aus "The Sixth Sense"

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Oscar-nominierte Kinder:Abigail Breslin

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Quelle: SZ

Olive hat ein Ziel: Sie will Schönheitskönigin werden und den Titel "Little Miss Sunshine" gewinnen. Doch gegen die perfekt geschminkte und angsteinflößend ehrgeizige Konkurrenz hat die Siebenjährige mit Hornbrille, Stirnband und Cowboystiefeln keine Chance - und verliert.

Darstellerin Abigail Breslin hingegen hat die Rolle der Olive aus "Little Miss Sunshine" Glück gebracht: 2007 wird sie im Alter von elf Jahren für die höchste Auszeichnung Hollywoods als "Beste Nebendarstellerin" nominiert. Gewonnen hat die Trophäe jedoch eine andere: Jennifer Hudson ("Dreamgirls") setzte sich gegen Breslin durch.

Dennoch erhielt auch Breslin für ihre Darstellung der quirligen Olive viel Anerkennung. Ihre Co-Stars Greg Kinnear und Alan Arkin schwärmten von den "Little Miss Sunshine"-Dreharbeiten und staunten, mit welchem Durchhaltevermögen und Zielstreben Breslin die Rolle verkörperte. Abigail Breslin arbeitet immer noch erfolgreich in Hollywood und am Broadway.

Im Bild: Abigail Breslin in einer Szene aus "Little Miss Sunshine"

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Oscar-nominierte Kinder:Shirley Temple

Walt Disney und Shirley Temple, 1939

Quelle: Scherl

Im Alter von drei Jahren wurde sie in einer Tanzschule entdeckt, zwei Jahre später konnte sie schon die schwierigsten Stepp-Choreografien tanzen - und im Alter von sechs Jahren bekam sie einen Oscar: Die Kindheit von Shirley Temple liest sich als rasante Erfolgs-Story. Und ist ein Sonderfall in der Geschichte der Kinder-Oscars. Denn für diesen kleinen Lockenkopf wurde damals ein Extra-Oscar erfunden.

Ihre ersten Schauspiel-Auftritte hatte sie 1932 in "War Babies", im selben Jahr spielte sie in der "Baby-Burlesque"-Filmreihe und "Red Haired Alibi" mit. Zwei Jahre später wurde sie mit einem Academy Award ausgezeichnet; allerdings nicht in den heute gängigen Kategorien, sondern mit einem Sonderpreis: "In dankbarer Anerkennung für ihren herausragenden Beitrag zur Filmunterhaltung während des Jahres 1934".

Zu diesem Zeitpunkt gab es schon Werbekampagnen mit dem Bild des Mädchens, ihr Konterfei war sogar auf Waschmittel-Verpackungen abgedruckt, Shirley-Temple-Pupppen gab es im ganzen Land. Für jeden Filmdreh legte ihre Mutter die Haare des Mädchens in kleine Locken, jedes Mal genau 56. Auch in anderer Hinsicht verlief die Kindheit von Temple abseits jeglicher Normalität. In einem Interview soll sie gesagt haben, dass sie schon im Alter von sechs Jahren nicht mehr an den Weihnachtsmann geglaubt habe. Weil ihre Mutter sie damals zu einem Weihnachtsmann in einem Einkaufszentrum brachte - der nach einem Autogramm des Kinderstars fragte.

Doch die Polpularität Temples ließ mit der Pubertät nach. 1939 sollte sie die Hauptrolle in "Der Zauberer von Oz" spielen, die Produzenten entscheiden besetzten die Hauptrolle aber mit Judy Garland. Anfang der Sechziger Jahre kehrte Temple dem Showgeschäft den Rücken und engagierte sich politisch, unter anderem als US-Botschafterin in Ghana und Prag. Bis heute wird sie trotzdem noch regelmäßig unter die wichtigsten Schauspieler der Welt gewählt.

Im Bild: Shirley Temple gratuliert dem amerikanischen Filmproduzenten Walt Disney 1939 zu seinem Oscar und überreicht ihm sieben kleine Oscarfiguren für seinen Film "Schneewittchen und die sieben Zwerge"

© Süddeutsche.de/vks/esp/rus
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