Orchesterakademie:Der lange Weg zur Kunst

Orchesterakademie: Gefragt: Neben den Orchesterdiensten bei Opern- und Ballettvorstellungen geben die Akademisten auch immer wieder Kammerkonzerte.

Gefragt: Neben den Orchesterdiensten bei Opern- und Ballettvorstellungen geben die Akademisten auch immer wieder Kammerkonzerte.

(Foto: Frank Bloedhorn)

Seit 15 Jahren gibt es die Akademie des Staatsorchesters. Hier wird der Nachwuchs auf den Ernstfall vorbereitet. Zum Jubiläum dirigiert Chef Kirill Petrenko selbst.

Von Rita Argauer

Was es bedeutet, in einem Opernorchester zu spielen, das kann man sich nur schwer vorstellen. Als Normalbürger sowieso. Aber auch als Musikstudent ist das Ziel, Musiker in einem Theaterorchester zu werden, mit das am schwierigsten zu erreichende. Das Musikstudium kann mit Hochschulorchestern die Arbeitsweise eine Symphonieorchesters gut an die Studenten vermitteln. Die realen Bedingungen eines Theaters samt Sänger und Bühnenbetrieb sind jedoch nicht zu simulieren. Das war mit ein Grund, warum sich die Bratscherin Christiane Arnold vor 15 Jahren dafür einsetzte, dass das Bayerische Staatsorchester eine eigene Orchesterakademie bekommen sollte.

"Es gibt immer noch deutliche Vorbehalte gegen Opernorchester", sagt Arnold, die die Akademie zusammen mit dem Trompeter Frank Bloedhorn auch leitet. Doch mehr als die Hälfte aller professionellen Orchester in Deutschland sind Theaterorchester. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Geigenstudent in Deutschland also letztlich im Orchestergraben landen wird, ist nicht so gering. Die praktische Ausbildung dazu, die Möglichkeit den realen Theaterbetrieb kennenzulernen und auch die Möglichkeit festzustellen, dass das Berufsbild Opernorchestermusiker vielleicht doch nichts für einen ist, gibt es nun also seit 15 Jahren mit der Orchesterakademie der Staatsoper.

Orchesterakademien sind in Deutschland mittlerweile zur Regel geworden. Fast jedes Symphonieorchester unterhält eine solche Akademie, in der fertig studierte Musiker meist für zwei Jahre den professionellen Betrieb kennenlernen und erfahren können und neben der Arbeit im Orchester noch speziellen Unterricht und Förderung erhalten. Das erleichtert darauffolgende Probespiele und den Einstieg ins spätere Berufsleben. Bis vor 15 Jahren teilten sich in München die drei großen Orchester, also das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, die Münchner Philharmoniker und das Bayerische Staatsorchester eine Akademie. Doch die Trennung der Nachwuchskader im Jahr 2002 sei ein Vorteil gewesen, sagt Arnold. Denn ein Opernorchester arbeite eben unter ganz anderen Bedingungen als ein Symphonieorchester.

Die 15 Akademisten bekommen das Orchesterleben an der Oper realitätsnah zu spüren

"Wenn die Akademisten ihre erste Strauss-Oper durchgespielt haben, wissen sie, was das bedeutet", erklärt Arnold lächelnd. Denn im Opernorchester ginge es oft nicht darum, eine schwere Stelle in der Probe wieder und wieder zu üben und zu besprechen. Hier müsse die Technik sitzen, denn die Musik und damit auch die Musiker haben in einem Opernhaus eben immer noch einen anderen Zweck als den reiner Symphonik. Hier wird mit Sängern, Bühne, Bühnentechnik und Regie zusammen gearbeitet. Das Orchester spielt dabei nicht die Hauptrolle, auch wenn ohne ein gutes Orchester kein Opernabend gelingen würde.

All das bekommen die derzeit 15 Akademisten in ihrem Leben an der Bayerischen Staatsoper unter realen Bedingungen zu spüren. Denn die Akademisten spielen als Kollegen mit im Orchester und haben also monatlich bis zu zehn Orchesterdienste zu absolvieren. Hinzu kommt wöchentlicher Instrumentalunterricht, sowie zwei bis drei Kammerkonzerte der Akademie pro Jahr und mentales Training. Das ist eine Besonderheit der Akademie der Bayerischen Staatsoper. Einmal im Monat gibt die Psychologin Ulrike Klees eine Woche lang Workshops, in denen es um die Bewältigung von Lampenfieber bei Auftritten und Probespielen, sowie um die eigene Persönlichkeit und die Selbstpräsentation geht. Klees, die ursprünglich vom Hochleistungssport kommt, bringe dabei ganz andere Blickwinkel ein, sagt Arnold, die die "vermeintlich spezifischen Musikerprobleme abstrahieren".

Doch die Mühe lohnt sich: "Die Akademisten sind bei späteren Vorspielen deutlich im Vorteil", sagt Frank Bloedhorn. Mehr als 50 Alumni der Akademie hätten jetzt eine Stelle, gerade erst sei ein ehemaliger Akademist im Staatsorchester als Kontrabassist engagiert worden. Doch auch die Akademisten in München müssen im Staatsorchester Bewerbungsabläufe wie alle anderen durchlaufen, also Bewerbung und Probespiel bestehen. Niemand wird einfach übernommen.

Da sich Probespiele und freie Stellen jedoch nicht an den zwei Jahresrhythmus der Akademie halten, sei dieser auch nicht zwingend. "Wenn jemand nach eineinhalb Jahren ein Probespiel besteht, kann er auch früher ausscheiden", sagt Bloedhorn, der überzeugt ist, dass die Musiker mit der Ausbildung an der Akademie später in jedem Orchester zurecht kommen werden.

Doch auch für die Akademie selbst interessieren sich die Menschen längst. Neben den Kammerkonzerten gibt es etwa seit zehn Jahren eine Kooperation mit dem Kloster Metten in Niederbayern, wo die Akademisten regelmäßig auftreten. Hinzu kommen immer wieder Anfragen von Konzertveranstaltern, die allerdings häufig abgelehnt werden müssen. Denn primär geht es in der Orchesterakademie ja um den Alltag im Opernorchester. Den zu erfahren, dafür müssen die jungen Musiker nicht immer im Graben sitzen. Bei vier bis fünf symphonischen Konzerten des Bayerischen Staatsorchesters auf der Bühne des Nationaltheaters wurden zuletzt etliche ehemalige Akademisten zur Unterstützung für Mahlers groß besetzte fünfte Symphonie als Gäste engagiert. Inzwischen gehört auch das jährliche Konzert während der Opernfestspiele zum Akademieleben.

Zum Jubiläum dirigiert dabei Kirill Petrenko den Nachwuchs selbst. Mit Erich Wolfgang Korngolds "Suite aus der Schauspielmusik zu Much Ado About Nothing" und Paul Hindemiths Kammermusik Nr. 1 für 12 Soloinstrumente steht Musik des 20. Jahrhunderts auf dem Programm. Hinzu kommt die Uraufführung von Hans Abrahamsens "Zwei Inger-Christensen-Lieder".

Kirill Petrenko und die Orchesterakademie des Bayerischen Staatsorchesters, So., 16. Juli, 20 Uhr, Prinzregententheater, Prinzregentenplatz 12

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