Orchester:Warten und streamen

Gasteig Philharmonikersause, Valery Gergievs MPHIL 360 Grad

Diesen Blick werden Besucher der Münchner Philharmonie im Gasteig noch längere Zeit genießen können.

(Foto: Florian Peljak)

Die Philharmoniker werden digital, stellen ihr zweites 360-Grad-Festival vor und harren der Zukunft der Philharmonie im Gasteig

Von Egbert Tholl

Wenn das eine nicht so recht klappt, dann sucht man sich halt etwas anderes: Die Münchner Philharmoniker, namentlich deren Chefs Valery Gergiev (Musik) und Paul Müller (Intendanz) verkünden die Medienoffensive des Orchesters. Konzerte der Philharmoniker gibt es im Fernsehen, beim französischen Klassikkanal Mezzo, der bereits das Saisoneröffnungskonzert in 60 Länder übertrug und so ähnlich funktioniert wie der Bezahlsender Sky, nur ohne Fußball. Ähnliches offeriert das Internetportal Medici, also Philharmoniker in Bild und Ton. Möglich wird dies auch durch eine neue Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk; die Sender und Portale brauchen Inhalte, Gergiev ist ein Zugpferd, der BR hilft bei der Herstellung des Materials. Gleichzeitig wird auch auf BR-Klassik lustig gestreamt, etwa bereits das Odeonsplatz-Open-Air.

Dazu kommt ein eigenes Label der Münchner Philharmoniker, das am 30. September seine ersten beiden CDs in den Handel bringt, Bruckner Vier und Mahler zwei, beide Symphonien dirigiert von Gergiev. Den Vertrieb macht Warner, jene Plattenfirma, die auch die Rechte an den alten Celibidache-Aufnahmen der EMI besitzt. Nicht nur Celi wird also für Wiederveröffentlichungen aus dem Archiv eine Rolle spielen, nein, die ganze Geschichte der Philharmoniker seit 1945. Teile aus Archiv und Neuproduktionen werden auf CD herausgebracht, etwa sechs im Jahr sollen es werden, mehr wird es bei I-Tunes und Spotify geben. Und natürlich darf ein Bruckner-Zyklus nicht fehlen: Gergiev will ja alle Symphonien in St. Florian aufführen, daraus soll dann auch eine DVD-Sammlung entstehen.

Wollte man unken, dann könnte man dieses enorme, sicherlich natürlich zeitgemäße, digitale Angebot in Einklang bringen mit der Renovierung des Gasteigs und der Philharmonie. Im März, so Paul Müller, wird mit der Stadt und allen Beteiligten darüber geredet werden, was passieren muss. Im März - da fragt man sich, wie lange bereits über eine Verbesserung der Philharmonie und eine Renovierung des Gasteigs nachgedacht wird. Und erst im März, falls man dann absehen kann, wie lange eine solche Bauphase, so sie denn kommen möge, dauern wird, könne man sich auch auf die konkrete Suche nach einem Ausweichquartier machen. Schließlich bräuchte man für zehn Jahre ein anderes Zweithaus als etwa für drei.

Gergiev erzählt derweil viel von eigenen Bauvorhaben in Russland, die er bereits selbst hinter sich gebracht hat und mahnt an, dass man bei einer Renovierung die bestehenden Qualitäten schützen sollte. Wo genau er diese in der Philharmonie ausmacht, sagt er indes nicht so genau, sieht man vom enormen Platz auf dem Podium ab, wo man 250 Musiker unterbringen könne. In der Summe werden es Mitte November so viele wohl sein, wenn zum zweiten Mal das "360-Grad-Festival" stattfindet (11. bis 13. November), diesmal mit dem Schwerpunkt der Symphonien Prokofjews, es spielen die Philharmoniker und das Mariinsky Orchester.

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