Opernpremiere in Berlin:Subtiler Spätstil

Brenda Rae (Zerbinetta), Camilla Nylund (Ariadne)

Zerbinetta (Brenda Rae) und Ariadne (Camilla Nylund).

(Foto: Monika Rittershaus)

Hans Neuenfels inszeniert erstmals "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss an der Staatsoper. Ingo Metzmacher dirigiert. Herausgekommen ist eine Tragikomödie voll subtiler Ironie, wie sie den Spätstil von Hans Neuenfels auszeichnet.

Von WOLFGANG SCHREIBER

Opernregisseure müssen sich mit Liebe und Tod auskennen, Macht und Verrat, den Verwerfungen zwischen Männern und Frauen. Hans Neuenfels ist somit bei den Opern Mozarts, Wagners und Verdis stets zu Hause. Aber jetzt, erst mit siebzig, findet er Kontakt zu Richard Strauss. Doch "Ariadne auf Naxos" bietet ihm mehr - zum Beispiel den rüden Zusammenprall von Tragödie und Komödie.

Das geht so: Ein steinreicher Mann leistet sich zur Zerstreuung seiner Gäste ein tragisches Opernwerk, hat daneben aber eine Clownstruppe engagiert und lässt den Künstlern kurz vor der Premiere durch seinen Haushofmeister (Elisabeth Trissenaar) ausrichten, dass er beide Darbietungen zusammen haben will. Der Komponist der Oper (Marina Prudenskaya) gerät in Panik, sein Musiklehrer (Roman Trekel) taumelt ratlos umher, Primadonna Ariadne (Camilla Nylund) gibt sich tödlich beleidigt. Soweit das Vorspiel. Und dann entwickelt sich wirbelnd die Tragikomödie, für die Regisseur Hans Neuenfels, jetzt abseits seiner vertrauten Bilder- und Assoziationsfluten, nur eine leere Bühne aus blendend weißen, raffiniert ineinander geschachtelten Wänden (Katrin Lea Tag) benötigt, um die Personen in ihren Konflikten und Gefühlen psychologisch so intensiv wie möglich, zugleich so kontemplativ wie in dieser Oper angelegt, agieren zu lassen.

Die Clownerien der Zerbinetta und ihrer vier Kumpels, die der Ariadne improvisa-torisch zusetzen, sind nicht klamaukig hochgezogen, vielmehr zeigt Neuenfels in seinem Regiespätstil eine Vorliebe für subtile Ironie. Und die quirlig ernste Brenda Rae als Zerbinetta debattiert sowohl mit dem Komponisten als auch mit Ariadne die Seelentiefen ihres Frauseins - so dass ihre Arie mehr wird als nur die berüchtigte Koloraturzirkusnummer.

Die ganze Aufführung ist von einer gleichsam spielerisch inspirierten Ensemblequalität belebt, zumal von der Depression der auf den geliebten Mann wartenden Primadonna Ariadne, die sich, entgegen dem Libretto Hofmannsthals, in ihrem Schmerz den Dolch gibt. Ihr phantomgeliebter Heldentenor Bacchus (Roberto Saccà) steigt derweil verwirrt in den Orchestergraben hinab. Von dort lässt die Berliner Staatskapelle unter Ingo Metzmacher ein wunderbar kammermusikalisch-solistisches Geflecht aufleuchten. Metzmacher hat für die kostbarste aller Strauss-Partituren anscheinend einen siebten Sinn entwickelt.

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